Berlin. .

Konkrete, schnelle Hilfe und einen Schuldenverzicht hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den Staaten in Nordafrika versprochen. In einer Regierungserklärung aus Anlass de G-8-Gipfels sagte Merkel, erste politische Erfolge dürften nicht durch wirtschaftliche Instabilität gefährdet werden.

Angesichts der politischen Umwälzungen in Nordafrika hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Ländern konkrete und schnelle Hilfe versprochen und einen Schuldenverzicht angekündigt. Die ersten politischen Erfolge dürften nicht durch wirtschaftliche Instabilität gefährdet werden, sagte die Kanzlerin am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag aus Anlass des G-8-Gipfels im französischen Deauville. Die Hilfe solle schnell in Gang kommen, „denn Zeit zählt in dieser Region“. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Regierung vor, keine eigenen Antworten auf den „Sturm“ im Nahen Osten zu haben.

Merkel nannte es eine „historische europäische Verpflichtung“, den Menschen, die in Nordafrika und Teilen der arabischen Welt für Freiheit und Menschenrechte auf die Straße gehen, zur Seite zu stehen. Die Entwicklungen seien für alle „eine historische Chance“. Zu den drängendsten Herausforderungen gehörten die Arbeitslosigkeit und die wenig entwickelten Ausbildungsstrukturen.

Daher solle eine „Partnerschaft für Beschäftigung“ geschlossen werden. Deutschland und die deutsche Wirtschaft sollten sich in Ägypten vor allem in der Berufsausbildung engagieren und für 10.000 zusätzliche Ausbildungsplätze sorgen. Tunesien versprach die Kanzlerin Unterstützung bei der Qualifizierung und Vermittlung von Akademikern und dem Aufbau eines Sektors kleinerer und mittlerer Unternehmen. Diese Programme könnten durch eine vierjährige Schuldenwandlung in Höhe von 300 Millionen Euro finanziert werden.

Dieses Jahr noch 30 Millionen Euro, später weitere 100 Millionen Euro

Zur Unterstützung des demokratischen Wandels werde die Bundesregierung darüber hinaus noch in diesem Jahr 30 Millionen Euro einsetzen. In den nächsten Jahren sollen 100 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden, kündigte Merkel an.

Mit den Spitzen von IWF und Weltbank werde auf dem G-8-Gipfel in Deauville darüber gesprochen, wie man ein „bedeutendes und wirkungsvolles Maßnahmepaket schnüren“ könne. Auch für die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung gebe es in Tunesien und Ägypten Ansatzpunkte für Hilfe.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle schlug die Entsendung von deutschen „Prozessteams“ in die nordafrikanischen Staaten vor, um dort den Demokratisierungs- und Transformationsprozess zu unterstützen. Mit solchen Prozessen habe gerade Deutschland besondere Erfahrungen, sagte der ehemalige Wirtschaftsminister mit Blick auf die deutsche Vereinigung.

SPD-Fraktionschef Steinmeier wirft Regierung „Außenpolitik in Lethargie“ vor

In seiner Antwort auf Merkels Erklärung warf SPD-Fraktionschef Steinmeier der Regierung eine „Außenpolitik in Lethargie“ vor. Damit sei die Bundesrepublik weltweit und in Europa an die Peripherie geraten. Er kritisierte auch die fehlende einheitliche Linie der europäischen Außenpolitik. Es sei beschämend, dass Europa außerstande sei, eine Antwort auf den Umbruch in Nordafrika zu finden. Stattdessen habe US-Präsident Barack Obama die Größe der Aufgabe beschrieben, die eine Art Marshall-Plan für den Maghreb erfordere.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hatte zuvor bereits mehr Hilfen für die nordafrikanischen Staaten gefordert. Es müsse dort in die wirtschaftliche Entwicklung investiert werden, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Das sei dauerhaft der einzige Weg, um den Migrationsdruck von den Grenzen Südeuropas zu nehmen. „Man muss endlich einen Schlussstrich darunter ziehen, dass man die Staaten Nordafrikas dafür bezahlt, dass sie uns Flüchtlinge fernhalten“, fügte der Grünen-Politiker hinzu.

Mit Blick auf den NATO-Einsatz gegen das Regime des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi forderte Linksfraktionschef Gregor Gysi im Bundestag ein Ende der Angriffe. „Krieg löst keine Probleme, er schafft nur neue Probleme.“ Der Linke-Politiker fragte, warum nur gegen Libyen Bomben geworfen würden, und nicht gegen Länder wie Syrien, Jemen und Bahrain, wo ebenfalls die Demokratiebewegung unterdrückt werde. Gysi verwies auf die Ölvorräte Libyens. Daher werde dort interveniert. (dapd)