New York. . Neue Wende im Fall Dominique Strauss-Kahn: Der IWF-Direktor hat einem Medienbericht zufolge jetzt erstmals eingeräumt, Sex mit einem Zimmermädchen gehabt zu haben. Dieser soll aber einvernehmlich gewesen sein, heißt es.

Im Fall des unter Vergewaltigungsverdachts stehenden IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn geht die Verteidigung offenbar in die Offensive: Wie die „New York Post“ berichtet, hat der 62-Jährige jetzt erstmals eingeräumt, Sex mit dem Zimmermädchen gehabt zu haben. Dieses sei damit aber einverstanden gewesen.

„Die Beweise werden unserer Meinung nach nicht für einen gewaltsamen Übergriff sprechen“, zitierte das Blatt Strauss-Kahns Verteidiger Ben Brafman. Eine der Verteidigung nahestehende Quelle soll gesagt haben: „Es könnte durchaus Einvernehmen bestanden haben.“

Ins berüchtigte Gefängnis „Rikers Island“ verlegt

Bei einem Gerichtstermin in New York versuchte Verteidiger Brafman, die Richterin davon zu überzeugen, dass keine Fluchtgefahr bestehe: „Das ist niemand, der kurz davor stand, vor dem Gesetz zu fliehen“, sagte er. „Er ... hat vier Kinder, und dass ihm vorgeworfen wird, ein Vergewaltiger zu sein, will auch er aus der Welt schaffen.“

Strauss-Kahn wurde derweil zur Untersuchungshaft in das berüchtigte New Yorker Gefängnis Rikers Island verlegt. Dort wurde er nach Angaben der Behörden zu seiner eigenen Sicherheit in einer Einzelzelle untergebracht. In Strauss-Kahns Heimatland Frankreich äußerten sich viele Politiker am Dienstag schockiert über die Behandlung des bislang aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge von Präsident Nicolas Sarkozy. Mit Empörung nahmen sie die Entscheidung der US-Justiz auf, wegen Fluchtgefahr eine Freilassung gegen eine Kaution von einer Million Dollar abzulehnen. Gleichzeitig jedoch wurde in Europa erste Kritik an Strauss-Kahn laut.

Ein Bett, eine Tasse, Seife, Shampoo und Zahnpasta

Die Haftanlage Rikers Island liegt auf einer Insel im East River und ist Amerikanern aus Krimis bekannt. In dem Komplex sind um die 11.000 Häftlinge in zehn einzelnen Gefängnissen untergebracht. Strauss-Kahn wurde in eine 3,5 x 4 Meter große Zelle eingewiesen, die eigentlich für Häftlinge mit ansteckenden Krankheiten vorgesehen ist. Den Behörden zufolge ist der IWF-Chef dort am besten vor gefährlichen Insassen geschützt. Zu der Ausstattung gehören ein Bett, eine Tasse, Seife, Shampoo sowie Zahnpasta. Um 23 Uhr wird das Licht ausgeschaltet. „Es ist überfüllt, und das Essen ist furchtbar“, sagte der Anwalt Gerald Lefcourt. Die besonders schweren Gitterstäbe und Gefängnistore machten beim Öffnen und Schließen großen Lärm.

In der Nacht auf Samstag hatte Strauss-Kahn noch in einer Hotelsuite für 3000 Dollar die Nacht gewohnt. Dem 62-Jährigen wird versuchte Vergewaltigung eines Zimmermädchens, sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung vorgeworfen. Der nächste Gerichtstermin ist für Freitag angesetzt.

Sozialistische Partei spricht von „Lynchmord“

Strauss-Kahns sozialistische Partei bezeichnete die Behandlung von Strauss-Kahn als „Lynchmord“ und warf den US-Behörden politische Motivation vor. Der ehemalige Kulturminister Jack Lang sagte, es sei erschreckend und abscheulich, dass der Angeklagte der Presse unrasiert und in Handschellen vorgeführt worden sei, ohne sich verteidigen zu können. „Er ist ein mutiger Mann, dem ein abscheuliches Schicksal zuteil wurde“, sagte Lang. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass gewisse Justizbehörden, insbesondere der Staatsanwalt oder die Richterin, von dem Wunsch angetrieben werden, einen Franzosen auszuschalten, einen Franzosen, der zudem gut bekannt ist.“

Der ehemalige Justizminister Robert Badinter, der in Frankreich für die Abschaffung der Todesstrafe gesorgt hatte, erklärte, Strauss-Kahn sei zum „Tod durch die Medien“ verurteilt worden. Er erinnerte daran, dass in New York nicht nur die Richter, sondern auch Anwälte und der Polizeichef gewählt werden. Die derartige Vorführung eines reichen und mächtigen Mannes wegen der Klage eines Opfers aus ärmlichen Verhältnissen sei wohl als Stimmenfang gedacht, sagte Badinter.

Europäische Politiker gehen auf Distanz

Strauss-Kahn galt als aussichtsreichster Kandidat der Sozialisten für die Präsidentenwahl im April 2012. Die Partei beriet über das weitere Vorgehen, wollte jedoch an ihrem Fahrplan festhalten, im Juli Kandidaten für das innerparteiliche Auswahlverfahren zu benennen.

In anderen europäischen Ländern gingen erste Politiker jedoch auf Distanz zu Strauss-Kahn. Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter legte ihm den Rücktritt als IWF-Chef nahe. Strauss-Kahn müsse sich selbst überlegen, dass er der Institution Schaden zufüge, sagte Fekter. Ihre spanische Kollegin Elena Salgado nannte die Vorwürfe dem Deutschlandradio zufolge außergewöhnlich schwerwiegend.

Auch die Diskussion über einen Nachfolger an der IWF-Spitze nahm Fahrt auf. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums erklärte, die Auswahl der Führungsspitze solle auf der Basis von „Fairness, Transparenz und Leistung“ vorgenommen werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich am Montag wegen der Schuldenkrise für einen Europäer als Chef der mächtigen Finanzinstitution ausgesprochen, sollte ein Führungswechsel notwendig werden. (mit afp)