Paris. .
Nach der Festnahme von Dominique Strauss-Kahn, Chef des Internationalen Währungsfonds, blühen die Verschwörungstheorien. Ist der Sozialist in eine Sex-Falle getappt? Eine Vertraute sieht ein internationales Komplott gegen den IWF.
Ist der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, in seinem New Yorker Luxushotel in eine Sex-Falle getappt? Oder gar Opfer eines internationalen Komplotts geworden, das vor allem den mächtigen IWF ins Wanken bringen sollte? Nach der spektakulären Festnahme des französischen Sozialisten in New York wegen angeblicher sexueller Belästigung eines Zimmermädchens blühen in Frankreich Verschwörungstheorien aller Art.
Nicht nur auf der Straße und im Internet wird spekuliert, wer dem einflussreichen IWF-Chef - bis Sonntag noch Hoffnungsträger seiner Partei für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr - vorsätzlich eine Falle gestellt haben könnte. Auch Politiker aus dem linken wie dem rechten Lager sowie Leitartikler werfen diese Frage auf.
Jeder kenne seine „Schwäche“ für Frauen
„Man kann eine Falle nicht ausschließen“, sagt Entwicklungsminister Henri de Raincourt. Die Vorsitzende der konservativen Christlich-Demokratischen Partei, Christine Boudin, vermutet: „Dahinter steckt entweder der IWF, die französische Rechte oder französische Linke“. Ähnlich äußert sich Dominique Paillé, ein Verbündeter des Zentrumspolitikers und Ex-Umweltministers Jean-Louis Borloo. Schließlich kenne jeder Strauss-Kahns „Schwäche“ für Frauen. Er sei auf einer „Bananenschale“ ausgerutscht, die jemand ausgelegt habe.
Auch der Wirtschaftsexperte Jacques Attali, Berater des früheren sozialistischen Präsidenten François Mitterrand, spricht von „Manipulation“ - zumal sich der Vorfall in einem Hotel ereignet habe, das zu einer französischen Kette gehöre. Noch weiter geht die Sozialistin Michèle Sabban, die als enge Vertraute von Strauss-Kahn gilt. Sie sieht hinter den Anschuldigungen gegen den „mächtigsten Mann nach US-Präsident Obama“ ein „internationales Komplott“, das auf den IWF abziele. „Wie kann ein Zimmermädchen einfach so ins Zimmer des IWF-Chefs kommen?“, fragt sich die Vizepräsidentin der Regionalvertretung im Großraum Paris.
Nach Medienberichten habe sich die Verteidigung von Strauss-Kahn bereits zu Wort gemeldet. Der Sozialist sei mit seiner Tochter zum Essen verabredet gewesen. Außerdem habe er bereits eine Stunde vor dem angeblichen Vergewaltigungsversuch aus dem Hotel ausgecheckt. Die frühere Fernsehjournalistin Anne Sinclair glaubt "keine Sekunde lang den Anschuldigungen" gegen ihren Mann. Die Frau an der Seite des IWF-Chefs ist in Frankreich überaus beliebt - und hat schon mehrere Skandale von "DSK" verarbeiten müssen.
„Das Ganze ist vielleicht zu dick aufgetragen, um wahr zu sein“
Auch mehrere Leitartikler können offenbar nicht glauben, dass der IWF-Chef tatsächlich in seinem Hotel ein Zimmermädchen sexuell belästigt haben könnte. „Das ist unmöglich! Und wenn es wahr ist, dann ist es eine Falle“, kommentiert die Zeitung „Le Progrès“ aus Lyon. DSK habe viele Feinde, in den USA und in Frankreich, gibt die elsässische Zeitung „L“Alsace“ zu bedenken. Es könne gut sein, dass er in einen „Hinterhalt“ geraten sei. Die Anschuldigungen seien „enorm“, meint auch das Regionalblatt „L“Eclair des Pyrénées“ aus dem südfranzösischen Pau. „Das Ganze ist vielleicht zu dick aufgetragen, um wahr zu sein“.
Zusätzlich geschürt werden die Verschwörungstheorien durch den Umstand, dass ein junger Anhänger der konservativen Regierungspartei UMP, Jonathan Pinet, als erster im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter von der Festnahme Strauss-Kahns durch die New Yorker Polizei berichtet hatte - noch vor den US-Medien. Pinet berief sich dabei auf Informationen „eines Kumpels in New York“.
Mitglieder der Internet-Gemeinde behaupteten daraufhin prompt, die Twitter-Nachricht sei anschließend von Arnaud Dassier weiterverbreitet worden - einem der früheren Wahlkampfberater des konservativen Staatschefs Nicolas Sarkozy. Und für Sarkozy wäre der Sozialist Strauss-Kahn bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr „ein gefährlicher Gegner“ gewesen, schreibt ein Blogger. (afp)