Kairo/Damaskus. Scharfschützen zielen auf Demonstranten. „Sie wollen die Revolution niederschlagen und gehen mit äußerster Brutalität vor“, sagte ein Aktivist.
Mit Panzern und Soldaten reagiert das Regime in Syrien auf die Proteste. Regierungstruppen rückten in der Grenzstadt Daraa ein, auch die Satellitenstädte Douma und al-Muadamiyah nahe Damaskus sowie Jabla an der Mittelmeerküste von offenbar von Armee-Einheiten besetzt.
„Sie wollen die Revolution niederschlagen und gehen mit äußerster Brutalität vor“, sagte ein Aktivist aus Douma. In anderen Städten, deren Einwohner sich am Freitag an den bisher größten regimefeindlichen Demonstrationen beteiligt hatten, machte die Geheimpolizei systematisch Jagd auf politische Aktivisten.
Erst am Donnerstag hatte Präsident Assad per Dekret den Ausnahmezustand aufgehoben, der seit fast fünf Jahrzehnten willkürlichen Verhaftungen erlaubte – ohne dass dies das neuerliche Vorgehen der Staatssicherheit mäßigte. Viele Menschen wurden nachts in ihren Wohnungen überfallen und ohne Haftbefehl verschleppt.
Menschen in Panik
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Seit Beginn der Demonstrationen vor fünf Wochen sind mindestens 350 Menschen getötet worden. Ein Drittel von ihnen starb in den letzten drei Tagen, als Sicherheitskräfte in ganz Syrien das Feuer auf die inzwischen Zehntausende zählenden Protestierer eröffneten.
Auf Amateurvideos ist zu sehen, wie Menschen in Panik versuchen, sich vor den Kugeln zu retten. Andere zeigen Scharfschützen auf Hochhausdächern, die auf Demonstranten zielen. In einer Sequenz ist ein Vater zu sehen, der seinen Jungen davon schleppt, der stark am Kopf blutet. „Mein Gott, mein Gott“, hört man den Mann in seiner Verzweifelung rufen. Andere Aufnahmen zeigen Protestierer, die Statuen von Vater Hafiz al-Assad zerstören, der Syrien 30 Jahre lang mit harter Hand regierte, sowie Großposter seines Sohnes Bashar al-Assad zerrissen.
Forderung nach Sanktionen
„Nach dem Blutbad am Freitag reicht es nicht mehr, die Gewalt zu verurteilen”, erklärte der Nahost-Direktor von „Human Rights Watch”, Joe Stork. Angesichts der syrischen Strategie, gezielt zu töten, müsse die internationale Gemeinschaft Sanktionen gegen die Verantwortlichen verhängen. Zuvor hatten UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon und US-Präsident Barack Obama die Gewaltexzesse mit scharfen Worten verurteilt, dem Regime von Bashar al-Assad aber bisher noch keine Konsequenzen angedroht.
Am Montag veröffentlichten mehr als 100 syrische Schriftsteller und Journalisten ein gemeinsames Memorandum, in dem sie das Vorgehen der Regierung anprangern. „Wir verurteilen die unterdrückerischen Akte der Gewalt des syrischen Regimes gegen die Protestierenden und betrauern die Märtyrer des Aufstands“, heißt es in dem Text. Nach Angaben der Regierung in Amman wurde die Grenze zu Jordanien am Montag auf syrischer Seite komplett geschlossen. Ausländische Journalisten sind praktisch keine mehr in Syrien, Pressevisa werden seit Wochen nicht mehr erteilt.