Damaskus. Bei den bislang größten Protesten gegen Präsident Assad wurden laut Augenzeugen rund 50 Menschen wahllos erschossen - darunter ein Kind.
Die bislang größten Proteste gegen den syrischen Präsidenten Baschar Assad sind am Freitag blutig niedergeschlagen worden. Nach dem traditionellen Freitagsgebet gingen im ganzen Land Zehntausende gegen die Regierung in Damaskus auf die Straße und forderten politische Reformen.
Wie Augenzeugen und Menschenrechtler berichteten, setzten die Sicherheitskräfte in mehreren Städten Tränengas und scharfe Munition gegen die Demonstranten ein. Dabei sollen rund 50 Menschen getötet worden sein. "Kugeln sind über unsere Köpfe geflogen wie heftiger Regen", sagte ein Augenzeuge im Dorf Israa in der südlichen Provinz Daraa, wo die Unruhen Mitte März begonnen hatten.
Mindestens fünf Leichen wurden nach Augenzeugenberichten in das Hamdan-Krankenhaus in einem Außenbezirk der Hauptstadt Damaskus gebracht. Mindestens zehn weitere Menschen - darunter ein Kind - wurden den Angaben zufolge in Daraa getötet. "Unter den Toten war Anwar Mussa, der in den Kopf geschossen wurde. Er war elf", sagte ein Augenzeuge. In einem von der Protestbewegung auf der Internetseite Facebook veröffentlichten Video war ein Mann zu sehen, der einen blutüberströmten Jungen trug. In den Film war ein anderes Kind zu hören, das weinte und rief: "Mein Bruder".
Ausländische Journalisten des Landes verwiesen
Neun Menschen seien in Hadschar Aswad in der Nähe von Damaskus und weitere drei in der Stadt Homs getötet worden, sagte der Leiter der syrischen Menschenrechtsorganisation, Ammar Kurabi. Die Angaben konnten nicht überprüft werden, da die Regierung ausländische Journalisten des Landes verwiesen hat.
Nach der Aufhebung der Notstandsgesetze durch die syrische Regierung hatte Präsident Assad das Ende des seit fast 50 Jahren geltenden Ausnahmezustands am Donnerstag formal ratifiziert. Dabei handelte es sich um eine Kernforderung der Protestbewegung. Mittlerweile wollen sich die Demonstranten jedoch offenbar nicht mehr mit Zugeständnissen zufriedengeben, sondern verlangen den Sturz des Regimes.
"Der Notstand wurde nicht aufgehoben, er wurde niedergerissen", schrieb die bekannte Aktivistin Suhair Atassi über Twitter. "Es ist ein Sieg als Ergebnis von Demonstrationen, Protest und dem Blut von Märtyrern, die Syriens Freiheit gefordert haben." (dapd)