Berlin. . Die Grünen setzen nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ihren Höhenflug auch in bundesweiten Umfragen fort. Im ARD-Deutschlandtrend legt die Partei im Vergleich zum Vormonat um acht Punkte zu.

Nach ihrem historischen Wahlerfolg in Baden-Württemberg sind die Grünen in bundesweiten Umfragen im Höhenflug. Im ARD-Deutschlandtrend vom Donnerstag verbesserte sich die Partei im Vergleich zum Vormonat um ganze acht Punkte auf 23 Prozent und erreicht damit erneut einen Rekordwert im Bund. Eine Forsa-Umfrage vom Tag zuvor hatte die Grünen sogar bei 28 Prozent gesehen - und damit vor der SPD. Bei den Sozialdemokraten regt sich Unruhe über das Hoch des Mitbewerbers.

Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg Ende März hatte sich das Ergebnis der Grünen verdoppelt und waren vor der SPD gelandet. Gemeinsam mit den Sozialdemokraten gelang es ihnen, die jahrzehntelange CDU-Regierung im Ländle zu stürzen. Bald wird dort mit Winfried Kretschmann der erste grüne Ministerpräsident Deutschlands regieren.

Rot-Grün zusammen bei 50 Prozent

Auch im Bund sind die Grünen nun wieder im Aufwind. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend legten die Grünen als einzige Partei zu. Gemeinsam mit der SPD, die in der Umfrage auf 27 Prozent (minus ein Punkt) kommt, erreichen sie im Deutschlandtrend erstmals seit Februar 2000 die 50-Prozent-Marke. Das schwarz-gelbe Lager liegt dagegen nur bei 38 Prozent.

Der am Mittwoch veröffentlichte Forsa-Wahltrend des Magazins „Stern“ und des Fernsehsenders RTL hatte den Grünen gar eine Zustimmung von 28 Prozent (plus sieben Punkte) im Bund bescheinigt. Die SPD landete mit 23 Prozent hinter dem einstigen Junior-Partner. Auch in der Forsa-Umfrage erreichten SPD und Grüne damit gemeinsam die absolute Mehrheit, wobei die Grünen als stärkere Partei den Bundeskanzler stellen könnten.

Grüne vertagen K-Frage

Gedankenspielen über einen eigenen Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2013 will sich die Partei aber noch nicht hingeben. „Das diskutiert man dann, wenn es ansteht“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. „Wenn wir das jetzt debattieren würden, würden die Menschen nur die Köpfe schütteln.“

Bei der SPD wächst derweil die Unruhe - angesichts der eigenen Resultate und grünen Höhenflugs. Der SPD-Nachwuchs meldete sich am Donnerstag zu Wort und kritisierte die Reaktion der Parteispitze um SPD-Chef Sigmar Gabriel auf die mageren Ergebnisse bei den zurückliegenden Landtagswahlen.

In Baden-Württemberg hatte die SPD mit 23,1 Prozent so schlecht wie noch nie bei einer Landtagswahl im Südwesten abgeschnitten. In Rheinland-Pfalz fuhr sie mit 35,7 Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1959 ein und lag nur knapp 0,5 Prozentpunkte vor der CDU. Bei der Wahl in Sachsen-Anhalt im März wurde die SPD nach CDU und Linkspartei erneut nur drittstärkste Kraft.

SPD-Nachwuchs unzufrieden

Der Juso-Bundesvorsitzende Sascha Vogt beklagte: „Wenn die SPD drastisch Prozentpunkte verliert oder in einigen Bundesländern nur noch drittstärkste Kraft ist, dann ist das nichts Tolles.“ Die Bewertungen des Parteichefs am Wahlabend seien übertrieben positiv gewesen. Vogt warf Gabriel vor, er nehme die Partizipation in der SPD bei den inhaltlichen Fragen nicht ernst. Außerdem fehle eine klarere inhaltliche Ausrichtung der Partei. Die Menschen wüssten nicht mehr, wofür die SPD stehe.

Einzelne Sozialdemokraten schielen zur Lösung des Problems auf den erfolgreichen Mitbewerber. Der saarländische SPD-Chef, Heiko Maas, forderte seine Partei auf, stärker auf grüne Themen zu setzen. „Den Fortschritt sozial und ökologisch zu gestalten, muss zum neuen sozialdemokratischen Projekt werden“, mahnte er. Es werde in Zukunft keinen rot-grünen Automatismus bei der Koalitionswahl in Deutschland mehr geben. Die Machtoptionen der Grünen erweiterten sich. Deshalb sei die SPD gut beraten, „ihre Attraktivität für ökologisch motivierte Bürger bis tief in die Mitte der Gesellschaft unter Beweis zu stellen“ und sich selbst andere Optionen offen zu halten - etwa Koalitionen mit der FDP. (dapd)