Berlin. . Die Linkspartei steckt in der Krise. Drei Wahlniederlagen in kurzer Zeit, dazu ein zerstrittenes Führungsduo. In dieser Situation wir der Ruf nach Oskar Lafontaine immer lauter. Fraktionsvize Dietmar Bartsch wünscht aber keine Personaldiskussion.

Für Boxer gilt der Satz: „They never come back“. Wer einmal vom Thron gestoßen wurde, kehrte nie mehr dorthin zurück. Über die Rückkehr eines politischen Schwergewichts wird in Berlin indes spekuliert: Oskar Lafontaine.

Jetzt, da er wieder gesund, seine Krebserkrankung überstanden ist, könnte ihm das Saarland zu klein sein. Konkret sind die Comeback-Pläne nicht, aber auch nicht frei er­funden. „Er schließt es für eine Notsituation nicht aus“, be­harrt Gregor Gysi. Aus dem Mund des Linksfraktionschefs klingt dieses Gedankenspiel wie ein SOS-Ruf. Bei den Linken gilt: Holland in Not.

Fraktionsvize Dietmar Bartsch ist über die Unruhe nicht gerade überrascht. Zum einen musste die Partei drei Wahlniederlagen einstecken, in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, in Hessen auf kommunaler Ebene. Zum anderen hatte die Linke im Wahljahr 2009 entschieden, die fällige Programmdebatte zu vertagen. „Die holt uns jetzt ein. Das ist keine Überraschung“, sagte Bartsch der WAZ. Im Klartext: Positionskämpfe und Frust über Niederlagen führen zwangsläufig zu Unruhe. Dazu kommt: Lafontaines Nachfolger – das Duo Gesine Lötzsch und Klaus Ernst – wirkt zerstritten.

Wagenknecht schwärmt für Lafontaine

„Die Diskussion ist wenig hilfreich“, weiß Bartsch. Alle, auch Gysi, sagten, dass die Partei keine Personaldebatte brauche. „Wenn man gleichzeitig über ein Comeback von Oskar Lafontaine redet, ist das ein Widerspruch in sich“, meint er. Die Gremien seien längst auf Parteitagen gewählt. In den Bundestag kann Lafontaine nicht nachrücken. Bartsch wundert sich: „Was soll die Debatte?“

Der Saarländer spukt in vielen Köpfen herum. Die Führungsleute in Berlin melden sich zu Wort, die Länderchefs auch. Eine „Integrationsfigur“, schwärmt Vize-Chefin Sahra Wagenknecht von Lafontaine. Lötzsch mokiert sich über Gysi, weil der Lafontaines Sprecher abgebe. Die einen meinen, Gysi wolle den „Notfall“ herbeireden. Andere vermuten, er drohe mit ihm. Einer bewahrt die Ruhe: Ernst. Wie es heißt, nahm Lafontaine ihm die Sorgen. Kommt er also nicht? Bartsch rät dazu, die Wahlen aufzuarbeiten, danach Schlussfolgerungen zu ziehen. Keine Personaldebatte. „Wie man es nicht macht, kann man bei der FDP sehen“, sagt er.

Die Krise der Linken hat viel mit der SPD zu tun. Die braucht sie nicht – Beispiel Baden-Württemberg, oder lässt sie links liegen und verschmäht sie als Partner wie in Thüringen und in Sachsen-Anhalt. Im Herbst darf man gespannt sein, ob sich Linke und SPD in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin finden.

Im Bund regiert die SPD nicht mehr. Es fällt schwerer, sich an ihr zu reiben. „Das permanente Eindreschen auf die SPD, die sich selbst in einer tiefen Krise befindet, ist falsch“, so Bartsch. Hauptgegner müssten ob ihrer Politik Union und FDP sein.

5000 Mitglieder weg

Dazu kommt, dass die Themen, die sich die Linke über Jahre erarbeitete, etwa Mindestlohn, Millionärssteuer, Kampf gegen die Rente ab 67, zurzeit nicht angesagt sind. Man habe seit 2009 „kaum neue Felder erschlossen“, befindet Bartsch. Bei den Themen Energie und Gesundheit müsse man „mehr tun“.

Die Linke hat selbst „zu we­nig Akzente gesetzt, zu wenig mobilisiert“, so Bartsch. „Es ist kein Zufall, dass wir 2010 rund 5000 Mitglieder verloren haben“. Da fühlt sich einer bestätigt: Den Linken fehlt die Dynamik, seit Bartsch als ihr Parteimanager aufgehört hat.