Berlin. . Während Stefan Mappus noch seine Wahl-Niederlage eingesteht, rückt sich die Bundeskanzlerin schon wieder ins rechte Licht und hält die Tür zu Koalitionen mit den Grünen offen. An die SPD-Forderung nach Neuwahlen verschwendet sie keinen Gedanken.

Während Stefan Mappus redet, lächelt Angela Merkel. Die CDU-Chefin hat gesehen, wie die Fotografen sie ins Visier nehmen. Merkel blickt in ihre Objektive, sie kann sogar ihre Klickgeräusche hören, nur zwei, drei Meter entfernt. Und wie auf Kommando - Claudia Schiffer kann es kaum besser - knipst sie ihr Fotomodelllächeln an. Merkel kommt ausgesprochen natürlich, mädchenhaft rüber. Es ist eine Momentaufnahme von unerhörter Ehrlichkeit: Mappus gesteht seine Wahl-Niederlage in Baden-Württemberg ein, und Merkel ist schon dabei, sich ins rechte Licht zu rücken. Merkel wird auch politisch das Gesicht wahren und kein Wort über die Stänkereien innerhalb der CDU verlieren: Nichts über Helmut Kohl oder Friedrich Merz oder über die Mittelstandsunion, die eine "deutliche Kurskorrektur" gefordert hat. Spitzenpolitiker wie Merkel haben viele Stärken, Verdrängen gehört gewiss dazu. Merkels Karawane zieht weiter.

Keine Gedanken an die SPD-Forderung nach Neuwahlen

Selbstredend verschwendet sie keinen Gedanken an die SPD-Forderung nach Neuwahlen. Wenn es zwischen diesem "schmerzlichen Tag" (Merkel) der Union und der Niederlage der SPD 2005 in NRW eine Parallele gibt, ist die Lehre klar. Schröder führte damals eine Neuwahl herbei, die er verlor, und Merkel ist kein Lemming, der es ihm gleich tut und in den Abgrund springt. Ebenso wenig hat sie die Absicht, ihr Kabinett umzubilden oder sieht bei der FDP Anzeichen dafür.

Sie führt die Niederlage einseitig auf die Ereignisse in Japan zurück und ist längst dabei, Konsequenzen zu ziehen. So bemerkt sie zur Atomenergie, "meine Sichtweise hat sich nach den Ereignissen in Japan verändert." Kurzum: Mit der Kernkraft hat sie persönlich abgeschlossen. Mit der Partei, die den Atomausstieg zu ihrem Gencode zählt, den Grünen, arrangiert sich die CDU. Merkel beteuert, ihre Partei habe zu den Grünen keine Tür zugeschlagen. Dieselbe Merkel hatte im Herbst 2010 Schwarz-Grün noch als Hirngespinst bezeichnet. Neben ihr verkündet Spitzenkandidatin Julia Klöckner, dass sie mit den Grünen in Mainz ins Gespräch kommen will. Die Chefin nickt dazu. Blitzschnell stellen sich die Christdemokraten auf die neuen Verhältnisse ein.

In der Führung erfährt Merkel keinerlei Widerspruch. Vor den Medien macht sich Mappus klein. Er gibt zu Protokoll, die Niederlage habe nicht an der Bundes-CDU gelegen. Eine tiefe Analyse findet nicht in den Gremien statt. Im Eingang zum Konrad-Adenauer-Haus wird gerade Peter-Harry Carstensen von Journalisten umringt, der im Kumpelton tadelt, "ihr wollte ja schon eine Analyse am ersten Tag haben." Eine Frage dazu steuert der Regierungschef von Schleswig-Holstein der Meute beiläufig bei: "Wo haben wir noch Alleinstellungsmerkmale?" Angela Merkel blieb die Frage am Montag einmal mehr erspart.