Essen. Kinder arbeitsloser Eltern werden bei Ferienjobs benachteiligt. Denn auch ihr Einkommen wird weitestgehend auf die Hartz-IV-Sätze der Eltern angerechnet. Ab einem Verdienst von 100 Euro werden Abzüge fällig. Unter solchen Bedingungen lohnt sich ein Nebenverdienst kaum mehr.
Rund zwei Millionen Kinder in Deutschland leben von Hartz IV. Wenn die vielen sozioökonomischen Studien stimmen, werden nur wenige von ihnen in Schule und Beruf erfolgreicher sein als ihre Eltern. Ihre Aufstiegschancen sind – rein statistisch gesehen – begrenzt.
Mitschuld des Gesetzgebers
Doch die Benachteiligung von Kindern arbeitsloser Eltern ist kein rein gesellschaftliches Phänomen. Der Gesetzgeber sorgt auch selbst dafür, dass arme Kinder arm bleiben. So hindert er Jugendliche aus Hartz-IV-Haushalten daran, sich in den Ferien das Taschengeld aufzubessern. Während sich ihre Mitschüler mit Ferienjobs ein neues Handy oder den Führerschein verdienen, dürfen sie den Großteil ihres Verdienstes nicht behalten.
Dafür sorgen die strengen Zuverdienst-Regeln bei Hartz IV. 100 Euro sind frei, jeder weitere Cent wird auf das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld für die Kinder angerechnet. Von Einkommen zwischen 100 und 800 Euro darf jeder fünfte Euro behalten werden, von Beträgen zwischen 800 und 1200 Euro nur jeder zehnte. Darüber ist jeder Euro weg. Wer zum Beispiel 600 Euro verdient, darf 200 behalten, von 1000 Euro bleiben 260 Euro übrig.
Diese Begrenzungen sollen sicherstellen, dass Langzeitarbeitslose nicht mit kleinen Nebenjobs plus Alg II mehr Geld haben als Vollzeitbeschäftigte.
Der Haushalt als Ganzes zählt für den Staat
Kinder, die von Hartz IV leben, gelten freilich nicht als arbeitslos, sondern einfach als bedürftig. Für sie gibt es Sozialgeld. Doch der Staat betrachtet in einem Arbeitslosenhaushalt nicht jedes Familienmitglied einzeln, sondern alle zusammen als Bedarfsgemeinschaft. Damit werden alle Einkünfte auf die Stütze angerechnet, egal, wer sie erzielt.
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Diese Regel hatte schon für die unschöne Schlagzeile gesorgt, Hartz-IV-Kinder dürften keine Geldgeschenke behalten. Wer ihnen zu Weihnachten oder zur Konfirmation Bares schenke, könne es auch gleich beim Jobcenter abliefern, warnen regelmäßig Wohlfahrtsverbände und Kirchen vor Feiertagen. Theoretisch stimmt das auch, es gibt eine Bagatellgrenze von 50 Euro für Geldgeschenke. Doch aus dem wahren Leben kursieren weder Berichte über konfisziertes Konfirmationsgeld noch über die Hartz-IV-Weihnachtspolizei.
Anreiz zur Schwarzarbeit
Mit den Ferienjobs verhält es sich anders. Meldet der Arbeitgeber ihn ordentlich an, lohnt er sich für Kinder arbeitsloser Eltern kaum mehr, weshalb diese Jugendlichen gar nicht oder schwarz jobben. Ihre Mitschüler verdienen in der Regel netto für brutto.
Der Staat befreit sie mit besonderen Regelungen meist von allen Steuern und Sozialabgaben. Auf Ferienjobs zielt etwa die Regel ab, dass eine Tätigkeit, die höchstens 18 Tage und zum Tagessatz von maximal 62 Euro ausgeübt wird, für den Beschäftigten steuer- und abgabenfrei bleibt. Der Arbeitgeber kann dann wie bei 400-Euro-Jobs pauschal 25 Prozent Lohnsteuern abführen.
Nur nicht zu viel verdienen
Wer länger und auf Steuerkarte arbeitet, dem wird zunächst die Steuer abgezogen. Bleiben die Verdienste unter dem Steuerfreibetrag von derzeit 7834 Euro, erhalten sie das Geld aber vollständig zurück. Wer mehr verdient, zahlt nicht nur Steuern, sondern gefährdet auch staatlichen Bezüge und Vergünstigungen seiner Eltern, zum Beispiel das Kindergeld.
Sozialversicherungsbeiträge fallen für Schüler und Studenten erst an, wenn sie pro Jahr mehr als 50 Tage in den Ferien arbeiten.