Bochum. Der Stadtverband der Kleingärtner und ein Architektenbüro erproben eine ungewöhnliche Variante der Beschäftigungsmaßnahme für Langzeitarbeitslose. Sie lassen Hartz IV-Empfänger Wege sanieren - die Kleingärtner übernehmen dabei nur das Geld fürs Material.

Der Bochumer Stadtverband der Kleingärtner und ihr Architektenbüro erproben eine ungewöhnliche Variante der Beschäftigungsmaßnahme für Langzeitarbeitslose.

Bei gemeinnützigen Trägern und Sportvereinen vermutet die heimische Arge etliches Potenzial, um Langzeitarbeitslosen eine neue Job-Chance geben zu können. Dass diese oft kein Geld haben, um den Eigenanteil zu bestreiten, ist meist nicht das einzige Problem. Auch die ehrenamtlichen Strukturen entpuppen sich gern als Hindernis. Da gewinnt ein Modell an Interesse, das der Landschaftsarchitekt Emkes und der Stadtverband der Kleingärtner zum zweiten Mal erproben: „Eine win-win-win-Situation”, sagt Emkes.

Bürokratie-Hindernisse findig umschifft

Rund 80 Anlagen zählt der Stadtverband der Kleingärtner in seiner Mitgliederschaft. Anlagen, die den Bürgern offen stehen, in denen Wegebau und Pflegearbeiten die Kräfte der oft schon angejahrten Laubenpieper meist überfordern. Selbst zum „Maßnahmeträger” zu werden, wie es im Arbeitsmarktförderungs-Deutsch so schön heißt, wäre der Kollaps für den Stadtverband: „Wir bekamen allein elf neue Krankenkassen hinzu”, schildert Emkes, „und fast alle wollen unterschiedlich abgerechnet werden.”

So wurde also der gewerbliche Landschaftsarchitekt zum Ankerpunkt der Beschäftigungsinitiative: „Ihr könnt Leute kriegen, gebt dafür das Geld für die Steine”, schlug er den Kleingärtnern vor. Die 27 Langzeitarbeitslosen mussten umgekehrt ausschließlich bei den Kleingärtnern eingesetzt werden. Denn mit dem Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung ist man in der Branche schnell bei der Hand. Man habe zudem Aufgaben ausgewählt, die mit viel Handarbeit verbunden seien, sagt Emkes: „Das sind Aufträge, die man schwer kalkulieren kann und die deshalb keiner gern macht.”

Hilfsarbeiter-Misere dämpfen

Die Garten- und Landschaftsbauer könnten umgekehrt noch von der Maßnahme profitieren, denn viele der Sechs-Monats-Beschäftigten seien inzwischen so qualifiziert (selbst Baggerfahren und Höhenmessung), dass sie die „Hilfsarbeiter-Misere” dämpfen könnten. Das Gewerbe leide wegen unattraktiver Arbeit unter erheblicher Fluktuation.

Von den Maßnahme-Teilnehmern hat Detlev Emkes inzwischen eine hohe Meinung. Natürlich gebe es auch hier den „König der Krankenscheine” - aber die meisten habe er als diszipliniert, lernwillig und einsatzfreudig schätzen gelernt - auch Ältere: „Ein Mitarbeiter ist 61 Jahre, Maschinenbau-Ingenieur mit Zusatzqualifikationen. Den will keiner mehr.” Der Mann habe keinen Tag gefehlt, sei morgens als erster gekommen und abends als letzter gegangen: „Das sind Menschen, die zeigen wollen, dass sie nicht die Last der Gesellschaft sind.”

Nach Angaben der Arge befinden sich aktuell 347 Bochumer/innen in einer solchen Beschäftigungsmaßnahme in der so genannten "Entgeltvariante". Weitere 460 sind mit Beschäftigungszuschüssen bei entsprechenden Trägern untergebracht.