Berlin. . Die deutsche Marine hat ihre Evakuierungsoperation für die Rückkehr von mehr als 400 ägyptischen Flüchtlingen aus Libyen in ihre Heimat gestartet. Unterdessen wurde bekannt, dass Deutschland Rüstungsgüter für 83,5 Millionen Euro nach Libyen lieferte.

Die deutsche Marine hat am Samstag (5.3.) vor der tunesischen Küste ihre Evakuierungsoperation für die Rückkehr von mehr als 400 ägyptischen Flüchtlingen aus Libyen in ihre Heimat gestartet.

Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mitteilte, sollten sie nach Alexandria gebracht werden. Auf dem Flugplatz im niedersächsischen Wunstorf landeten die zur Luftevakuierung eingesetzten Transportflugzeuge der Bundeswehr.

1000 Bundeswehrsoldaten an Operation beteiligt

Die ägyptischen Flüchtlinge wurden vor dem Hafen der Stadt Gabes an Bord der zwei Fregatten „Brandenburg“ und „Rheinland-Pfalz“ sowie dem Einsatzgruppenversorger „Berlin“ gebracht. Im Zuge der vom Auswärtigen Amt koordinierten Hilfsaktion für ausländische Flüchtlinge aus Libyen hatte die Fluggesellschaft Air Berlin am Freitag bereits rund 200 Menschen von der tunesischen Insel Djerba in die ägyptische Hauptstadt Kairo geflogen.

Die zuvor während der Militäroperation „Pegasus“ eingesetzten Bundeswehrkräfte zur Rettung von Deutschen und Ausländern aus Libyen wurden in Wunstorf von Generalleutnant Rainer Glatz, dem Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und damit Verantwortlichen für den Evakuierungseinsatz, in Empfang genommen. An der Operation waren insgesamt rund 1000 Soldaten sowie - außer den drei Marineschiffen - insgesamt acht Transall-Maschinen und ein Airbus A310 beteiligt.

Weniger Flüchtlinge an Grenze zu Tunesien

Eine ägyptische Fregatte stach unterdessen vom tunesischen Hafen Zarzis aus mit etwa 400 ägyptischen Flüchtlingen an Bord in Richtung Ägypten in See. Ägypter an Bord schwenkten ihre Nationalflagge und riefen den Tunesiern auf dem Quai zu „Wir sind Brüder“.

Die Lage der Flüchtlinge an der libysch-tunesischen Grenze hat sich nach Angaben des DRK-Nothelfers Holger Schmidt derweil etwas entspannt. Zwar kämen nach wie vor Flüchtlinge über die Grenze, jedoch weniger als an den Vortagen, sagte Schmidt, der für das Deutsche Rote Kreuz die humanitäre Lage im Grenzgebiet sondiert, im Deutschlandradio Kultur. Inzwischen hätten Behörden und Hilfsorganisationen ein „System“ auf die Beine gestellt, das die rasche Unterbringung der Flüchtlinge sicherstelle.

Nach Angaben der UNO sind bisher mehr als 191.000 Menschen vor den Kämpfen zwischen den Truppen von Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi und Regierungsgegnern außer Landes geflohen. Zudem seien rund zehntausend Menschen derzeit auf dem Weg zur ägyptischen Grenze, wo sie in zwei oder drei Tagen eintreffen dürften, teilte das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) unter Verweis auf Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mit. Bis Donnerstag seien mehr als 104.000 Menschen nach Tunesien, 85. 000 nach Ägypten und 4000 nach Algerien geflohen. Die Mehrheit der Flüchtlinge seien Gastarbeiter.

Deutschland lieferte Rüstungsgüter für 83,5 Millionen Euro nach Libyen

Zwischen 2005 und 2009 hat Deutschland Rüstungsgüter im Gesamtwert von rund 83,5 Millionen Euro nach Libyen geliefert. Dies geht aus Berechnungen der Linkspartei zum Rüstungsexportbericht 2009 hervor, aus denen die „Saarbrücker Zeitung“ zitierte. Allein im Jahr 2009 hätten die militärischen Exporte einen Umfang von 53,2 Millionen Euro gehabt. Die Bundesregierung prüft Rüstungsausfuhren und entscheidet „grundsätzlich in jedem Einzelfall unter sorgfältiger Abwägung aller Umstände“, wie es in der Antwort der Regierung auf eine kleine Anfrage der Linken zum Rüstungsbericht heißt.

Deutschland lieferte Rüstungsgüter für 83,5 Millionen Euro nach Libyen. (Foto: dapd)
Deutschland lieferte Rüstungsgüter für 83,5 Millionen Euro nach Libyen. (Foto: dapd) © d

Zu den Rüstungslieferungen an Libyen zählten Geländewagen, Hubschrauber, Störsender sowie Kommunikationsausrüstungen und Gefechtsfeldüberwachungsradar. In ihrer Antwort, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegt, gibt die Bundesregierung an, die Kommunikationsausrüstung solle von der libyschen Armee „für taktische Funkkommunikation und die Übertragung von Führungsinformationsdaten“ eingesetzt werden.

Linkspartei: „Aufrüstung zweifelhafter Potentaten“

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Jan van Aken, nannte „die Aufrüstung zweifelhafter Potentaten“ hingegen „mehr als kurzsichtig“. Deutschland habe den libyschen Machthaber Muammar al Gaddafi mit hochgerüstet zur Belohnung dafür, „dass er Flüchtlinge von Europa ferngehalten und Öl geliefert hat“. Dies mache alle Pläne für ein militärisches Eingreifen des Westens „noch abenteuerlicher und fragwürdiger“.

Muammar al Gaddafi

Auf den Straßen von Bengasi...
Auf den Straßen von Bengasi...
...feiern die Menschen den Einzug...
...feiern die Menschen den Einzug...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... Regierungszeit machten  Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den
... Regierungszeit machten Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den "König der afrikanischen Könige". Oberst Gaddafi, nach eigenen Worten 1942 in einem Beduinenstamm ... © AP/Sergei Grits
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den "Staat der Massen" aus. Der regiert sich ... © AP/Francois Mori
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ.
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ. © REUTERS
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ...
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ... © REUTERS
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht.
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht. © REUTERS
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ...
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ... © REUTERS
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt.
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt. © REUTERS
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden.
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden. © REUTERS
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ...
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ... © REUTERS
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags.
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags. © AFP
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ...
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ... © REUTERS
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen.
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen. © REUTERS
1/16

Wie die „Saarbrücker Zeitung“ weiter berichtete, erreichten die Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter in Staaten des Nahen und Mittleren Ostens 2009 einen Gesamtwert von knapp 1,1 Milliarden Euro. Die Linksfraktion kritisierte, dass Rüstungsgeschäfte lediglich im Umfang von 24,4 Millionen Euro abgelehnt worden seien. Die Bundesregierung wertete in ihrer Antwort die Tatsache, dass auch Anträge abgelehnt würden, allerdings als „Zeichen einer sorgfältigen und differenzierenden Exportkontrollpolitik“. (afp/dapd)