Düsseldorf. . Die NRW-SPD droht zehn Tage vor dem Urteil zum Nachtragsetat 2010 mit Neuwahlen. Fraktionschef Römer: „Wenn die CDU die verfassungsrechtliche Auseinandersetzung sucht, werden wir die Wähler befragen.“ Vor dem höchsten NRW-Gericht läuft derzeit ein Rechtsstreit über zusätzliche Schulden im Nachtragshaushalt 2010.
Führende SPD-Politiker in NRW drohen mit Neuwahlen noch vor der Sommerpause, falls die CDU auch gegen den Haushalt 2011 Verfassungsklage einlegt. Nach SPD-Fraktionschef Norbert Römer sprach sich auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dafür aus, bei immer neuen juristischen Konflikten notfalls die Bürger entscheiden zu lassen, "wie es politisch weitergehen soll". Gegenüber DerWesten sagte sie zu Beginn ihrer fünftägigen Israel-Reise in Jerusalem: "Wir können nicht Politik durch dauernde juristische Entscheidungen ersetzen."
Zuvor hatte Römer mit Blick auf den Haushalt 2011, der nach bisheriger Planung Mitte Mai im Landtag verabschiedet werden soll, angekündigt: "Wenn die CDU hier die verfassungsrechtliche Auseinandersetzung sucht, werden wir die Wähler fragen, welchen Weg unser Land nehmen soll." Kraft fügte hinzu, sie habe "keine Angst" vor Neuwahlen. Gleichzeitig warb sie dafür, dass die anstehende Herausforderung durch den Haushalt politisch gelöst werde anstatt vor Gericht. "Die Politik darf sich nicht selbst entmündigen", forderte sie.
Auf einen Zeitpunkt für mögliche Neuwahlen wollte sich Kraft aber nicht festlegen. Es gebe keinen Automatismus, hieß es aus Regierungskreisen. Die SPD-Regierungschefin will zunächst auch das Urteil des Landesverfassungsgericht gegen den Nachtragshaushalt 2010 und mögliche Konsequenzen für die Etatentwurf 2011 abwarten. Die Richter wollen ihren Spruch am 15. März verkünden.
SPD will Thema „von der Rechtsebene auf eine politische Ebene“ bringen
Kraft unterstrich, dass sie es für unmöglich halte, in diesem Jahr im Etat die Verfassungsgrenze einzuhalten. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) plant in seinem Entwurf mit einer Neuverschuldung von 7,1 Milliarden Euro, die Verfassung erlaubt dagegen nur eine 3,77 Milliarden Euro neue Schulden. Die CDU verlangt eine erheblich geringere Nettokreditaufnahme und hat mehrfach einen erneuten Gang vor Gericht in Aussicht gestellt. CDU-Landeschef Norbert Röttgen hatte in einem Interview bereits eine Klage angekündigt, sollte die rot-grüne Minderheitsregierung keinen verfassungskonformen Haushalt für 2011 vorlegen.
SPD-Sprecher Ralf Kapschack räumte ein, dass Neuwahlen nichts an der Verfassungsmäßigkeit des Etats ändern würden. Er verteidigte die Drohung jedoch damit, dass es unabhängig von einem möglichen Richterspruch darum gehe, das Thema „von der Rechtsebene auf eine politische Ebene“ zu bringen. Bevor man sich „dauerhaft lähmen“ lasse, müsse man über Neuwahlen nachdenken.
Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU), erwartet hingegen keine raschen Neuwahlen. Vielmehr setze er seine Hoffnungen darauf, dass der Gerichtshof die rot-grüne Minderheitsregierung in Düsseldorf zu einer „korrekten Haushaltsführung“ zwinge. Dann werde die CDU-Opposition im Landtag „diesen Prozess konstruktiv begleiten“, sagte Kampeter.
Vor Neuwahlen müsste Landtag aufgelöst werden
Vor dem höchsten NRW-Gericht läuft derzeit ein Rechtsstreit über zusätzliche Schulden im Nachtragshaushalt 2010. CDU und FDP hatten geklagt, weil sie unter anderem die 1,3 Milliarden Euro hohe WestLB-Risikovorsorge für unnötig und verfassungswidrig halten. SPD und Grüne werfen der alten schwarz-gelben Regierung hingegen vor, Etatrisiken im Stammhaushalt 2010 verschleiert zu haben.
Das für den 15. März erwartete Urteil des Gerichts könnte noch Auswirkungen auf den Haushalt 2011 haben, der wohl im Mai oder Juni vom Düsseldorfer Landtag verabschiedet wird. In beiden Haushalten liegt die Nettoneuverschuldung auf dem nordrhein-westfälischen Rekordniveau von 7,1 Milliarden Euro. Die Opposition erwartet ein Scheitern. Laut Verfassung darf die Neuverschuldung normalerweise nicht über der Höhe der Investitionen liegen. Angesichts der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts sei die hohe Nettoneuverschuldung jedoch „gerechtfertigt“, hatte SPD-Finanzminister Norbert Walter-Borjans gesagt.
An Rhein und Ruhr wird seit Monaten immer wieder über Neuwahlen spekuliert. Voraussetzung ist die Auflösung des Landtages, in dem SPD und Grüne gemeinsam über 90 Mandate verfügen. Die absolute Mehrheit, die bei einer Abstimmung über eine Auflösung notwendig ist, liegt bei 91 Stimmen. Um Neuwahlen zu verhindern, müssten alle 91 Abgeordneten von CDU, FDP und Linkspartei geschlossen gegen eine Auflösung des Landtages votieren. (Mit Material von dapd)