Wiesbaden. Mehr als 2,4 Millionen Menschen in Deutschland beziehen Leistungen der Pflegeversicherung. Das sind 322.000 mehr als vor zehn Jahren, berichtete das Bundesamt für Statistik am Montag. Die Zahlen zeigen: Eine Pflegereform ist dringend nötig.

Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland wächst rasant. Seit 2007 nahm sie um 4,1 Prozent zu, seit 1999 sogar um 16 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden berichtete. Ende 2009 bezogen 2,34 Millionen alte, gebrechliche, verwirrte oder behinderte Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung, 322.000 mehr als zehn Jahre zuvor. Im Vergleich zur jüngsten Erhebung 2007 wies die Statistik 91.000 weitere Pflegefälle aus.

Damit setzt sich ein seit Jahren beobachteter Trend fort. Hintergrund ist die immer höhere Lebenserwartung. Denn mit steigendem Alter wächst auch die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass man zum Pflegefall wird. So waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts 83 Prozent der Pflegebedürftigen über 65 Jahre und 35 Prozent über 85 Jahre alt.

Nur fünf Prozent der Menschen zwischen 70 und 75 Jahren sind pflegebedürftig. In der Altersgruppe ab 90 sind es dagegen 59 Prozent. Angesichts der höheren Lebenserwartung von Frauen ist die große Mehrheit (67 Prozent) aller Pflegebedürftigen weiblich.

Um der auch für die nächsten Jahre erwarteten Zunahme Rechnung zu tragen, plant Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) für dieses Jahr eine große Pflegereform. Damit soll die Finanzierung für die nächsten Jahrzehnte gesichert werden. Zudem wird mehr Hilfe für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen versprochen.

Angehörige pflegen zuhause

Denn mehr als zwei Drittel aller Hilfsbedürftigen - nämlich 69 Prozent oder 1,62 Millionen Menschen - wurden 2009 zu Hause versorgt. Davon erhielten 1,07 Millionen ausschließlich das den Angehörigen zustehende Pflegegeld aus der Pflegeversicherung. Das bedeutet, dass die Angehörigen in der Regel alleine ohne professionelle Hilfe pflegten. Weitere 555.000 Pflegebedürftige wurden mit Unterstützung von ambulanten Diensten zuhause umsorgt.

In Pflegeheimen vollstationär betreut wurden insgesamt 717.000 Pflegebedürftige (31 Prozent). Davon waren 75 Prozent Frauen. Jeder zweite Heimbewohner war älter als 85 Jahre. Die Zahl der in Heimen betreuten Menschen stieg in den vergangenen zehn Jahren besonders stark: um 27,5 Prozent oder 155.000. Die Zahl der zuhause Versorgten wuchs dagegen nur um 12,3 Prozent oder 178.000, wie es weiter hieß. Immer häufiger benötigen die Familien dabei Hilfe: Heute werden 33,7 Prozent mehr Menschen von ambulanten Diensten mit betreut als noch 1999.

Knapp 900.000 Beschäftigte

In den ambulanten Pflegediensten waren der Statistik zufolge insgesamt 269.000 Menschen beschäftigt, davon 87 Prozent Frauen. Rund 71 Prozent der Beschäftigten arbeiteten in Teilzeit. Die 11.600 Pflegeheime beschäftigten ihrerseits 621.000 Arbeitnehmer.

Das Bundesamt wies darauf hin, dass sich die Erhebung 2009 im Vergleich zu den vorherigen etwas verändert hat. Hintergrund sind neue Eckdaten seit der Pflegereform 2008. Dadurch dürfte nach Einschätzung der Statistiker der Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen um etwa einen Prozentpunkt geringer ausgefallen sein als ohne die Änderung. (dapd)