München. .

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) muss sich gegen Vorwürfe wehren, er habe bei seiner Doktorarbeit getäuscht. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ gibt es in Guttenbergs Dissertation einige Passagen, die wörtlich mit Formulierungen anderer Autoren übereinstimmen, ohne dass er dies wie vorgeschrieben gekennzeichnet hat.

Die Doktorarbeit sei an mehreren Stellen „ein dreistes Plagiat“ und „eine Täuschung“, sagte der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano, der die Parallelen bei einer Routineprüfung entdeckt hat.

Fast wortgleich

Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) beschuldigt Guttenberg der Täuschung. In einem Bericht der Online-Ausgabe faz.net heißt es, dass Guttenberg die Einleitung seiner 2007 veröffentlichten Dissertation aus einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. November 1997 abgeschrieben und das Zitat nicht als solches gekennzeichnet habe.

Auch der Tübinger Jurist Martin Nettesheim wirft dem Verteidigungsminister vor, Passagen von ihm verwendet und nicht korrekt gekennzeichnet zu haben, wie die Saarbrücker Zeitung berichtet. Nettesheim habe sich 2002 in einem Aufsatz "Die konsoziative Föderation von EU und Mitgliedstaaten", erschienen in der "Zeitschrift für Europarechtliche Studien", mit einem ähnlichen Thema beschäftigt wie Guttenberg in seiner Doktorarbeit. Die Zeitung beruft sich auf einen Vergleich beider Texte, den ein Münsteraner Rechtswissenschaftler vorgenommen hat.

Der Minister zitiert laut Bericht aus dem Aufsatz sechs Passagen ganz oder weitestgehend wortgleich, ohne sie in Anführungszeichen zu setzen. Auf die Quelle wird in den Fußnoten nur ungenau oder gar nicht hingewiesen. Guttenberg habe damit mehrfach gegen das Gebot des "nachvollziehbaren Trennens eigener von fremden Gedanken" verstoßen.

Guttenberg weist Vorwürfe zurück

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat Vorwürfe zurückgewiesen, bei seiner Doktorarbeit heimlich aus anderen wissenschaftlichen Texten abgeschrieben zu haben. "Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus", erklärte Guttenberg am Mittwoch in Berlin. Er sei aber gerne bereit zu prüfen, "ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten"; er würde dies bei einer Neuauflage berücksichtigen. Guttenberg erklärte außerdem, keiner seiner Mitarbeiter habe an seiner Dissertation mitgewirkt: "Die Anfertigung dieser Arbeit war meine eigene Leistung."

Eine Stelle aus Guttenbergs „Bewertung“ bestehe laut SZ-Bericht etwa „aus insgesamt 97 Zeitungszeilen, die er aus der Neuen Zürcher Zeitung im Wortlaut übernimmt“. Zwei Stellen habe der jetzige Verteidigungsminister abgewandelt: er fügte ein „möglicherweise“ ein und verlagerte einen Einschub in eine Fußnote. Auch aus einem Aufsatz des Politologen Hartmut Wasser bediene sich Guttenberg, mit kleinen Abwandlungen, mit 44 Zeilen. Aus dem Aufsatz "Wir sind das Volk" von Wilfried Marxer finden sich 26 Zeilen, die Guttenberg etwas geändert habe.

Der bayerische SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aufgefordert, bis zur Klärung der Plagiatsvorwürfe auf seinen Doktortitel zu verzichten. Rinderspacher sagte am Mittwoch in München, Guttenberg solle sich an seiner Haltung im Umgang mit der "Gorch Fock"-Affäre orientieren, wo er den Kapitän bis zur Prüfung aller Vorwürfe suspendiert hatte. Diesen Maßstab solle er nun auch an sich selbst anlegen.

Ombudsmann soll Vorwurf prüfen

Der zuständige Ombudsmann von Guttenbergs früherer Universität Bayreuth, Diethelm Klippel, prüft die Vorwürfe. "Wir nehmen das zur Kenntnis und wir nehmen das ernst", sagte ein Sprecher der Universität am Mittwoch auf Nachfrage. Zu inhaltlichen Fragen oder der möglichen Aberkennung des Doktor-Titels wolle man sich derzeit nicht äußern. "Dem Ergebnis der jetzt dort erfolgenden Prüfung sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen", sagte Guttenberg.

Der CSU-Politiker hatte seine Doktorarbeit 2006 an der juristischen Fakultät in Bayreuth abgegeben. 2007 wurde er dann mit der Bestnote summa cum laude zum Dr. jur. promoviert. Die Stellen, an denen sich ohne Nachweis wortgleiche Parallelen mit fremden Texten finden, umfassen nach den der SZ vorliegenden Originalquellen insgesamt mehrere Seiten. „Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile“, sagte Fischer-Lescano. (dapd/afp)