Kairo. .

Zehntausende Menschen haben sich von tagelangen blutigen Auseinandersetzungen am Tahrir-Platz in Kairo nicht abschrecken lassen und sich am Freitag wieder zu einer Kundgebung gegen Staatspräsident Husni Mubarak versammelt. Die Menschen sangen die Nationalhymne oder beteten auf dem Platz. Da auch Verteidigungsminister Hussein Tantawi und ranghohe Offiziere auf den Platz kamen, wie das staatliche Fernsehen berichtete, hatte die Demonstration zumindest die Billigung der Streitkräfte.

„Dies ist eine ägyptische Bewegung, alle sind zu Muslimen und Christen geworden, sie sind gekommen, ihre geraubten Rechte einzufordern“, sagte der Imam Chaled el Marakbi, der das Gebet leitete. Wer auch immer mit den Demonstranten verhandeln wolle, müsse zu ihnen auf den Platz kommen, denn sie hätten keine Partei, die sie vertrete, sagte der Imam weiter. Während des Gebets für die während der Proteste getöteten Demonstranten weinte der Imam, bevor das Gebet mit dem an Mubarak gerichteten Ruf „Verschwinde, verschwinde“ endete. Die Opposition hat den Freitag zum „Tag des Abgangs“ ausgerufen und den sofortigen Rücktritt des Präsidenten gefordert.

Bis zu 100.000 Menschen kamen wieder auf den Tahrir-Platz. Es war die größte Kundgebung seit Dienstag, als mindestens eine Viertelmillion Menschen kam und den Rücktritt von Mubarak forderte. Neben den Vertretern des Militärs kam auch der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, zu den Demonstranten auf den Platz. Seine Wagenkolonne wurde von Rufen wie "Wir wollen dich als Präsidenten" begrüßt. Er gilt vielen Ägyptern als erfahrener Staatsmann, außerdem ist seine scharfe Rhetorik gegenüber Israel bei manchen Bürgern populär. Mussa erwägt nach eigenen Angaben eine Kandidatur bei einer künftigen Präsidentenwahl in Ägypten, auch eine Rolle in einer Übergangsregierung ist für ihn offenbar denkbar.

Der ägyptische Oppositionsführer und Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei rief Mubarak auf, "auf die deutliche Stimme des Volkes zu hören und in Würde zurückzutreten". Die bisherigen Zugeständnisse Mubaraks wies ElBaradei am Freitag als "Stückwerk" zurück.

Verteidigungsminister ruft Opposition zum Dialog mit Regierung auf

Der ägyptische Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi hatte sich am Freitagmorgen auf den Tahrir-Platz begeben, wo er sich an die Demonstranten wandte, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Mubarak habe erklärt, nicht erneut antreten zu wollen, sagte Tantawi mit Blick auf die Ankündigung des Präsidenten, bei den Wahlen im September nicht erneut kandidieren zu wollen. Dies hatte die Proteste jedoch nicht beruhigen können. Zugleich rief Tantawi die oppositionelle Muslimbruderschaft zum Dialog mit der Regierung auf.

Der oberste Führer der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie, sagte dem arabischen Fernsehsender El Dschasira in seiner ersten Stellungnahme seit Beginn der Proteste, er sei zum Gespräch mit Vizepräsident Omar Suleiman erst nach dem Rücktritt Mubaraks bereit. Dieser hatte am Donnerstag der einflussreichen Bewegung Gespräche angeboten. „Wir sind bereit zu Gesprächen mit jedem, der bereit zu Reformen für dieses Land ist, nach dem Abgang dieses Ungerechten, dieses Korrupten und dieses Tyrannen“, sagte Badie.

(afp/dapd)