Kairo. . Auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos bereiteten sich Regierungsgegner auf eine Großdemonstration nach dem Freitagsgebet vor. Zu Tagesanbruch waren Rufe wie “Lasst uns Mubarak stürzen“ zu hören.
Vor weiteren geplanten Protesten gegen den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak war die Lage Freitagmorgen in Kairo angespannt. Auf dem Tahrir-Platz im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt bereiteten sich Regierungsgegner am elften Protesttag auf eine Großdemonstration nach dem Freitagsgebet vor. Die Organisatoren riefen zu einem Sternmarsch zum Tahrir-Platz, zum Gebäude des staatlichen Fernsehens und zum Parlament auf. Zu Tagesanbruch waren Rufe wie "Lasst uns Mubarak stürzen" zu hören. Die geplante Kundgebung stand unter dem Motto "Tag des Abgangs".
Mubarak hatte am Vorabend in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC erklärt, er lehne einen Rücktritt ab, weil dieser zu Chaos führen würde.
USA verhandeln mit Ägypten
Die USA verhandeln mit hochrangigen Vertretern der ägyptischen Regierung über einen sofortigen Rückzug von Präsident Husni Mubarak. Außerdem gehe es in den Gesprächen um die Bildung einer Übergangsregierung, die freie und faire Wahlen im Laufe dieses Jahres vorbereiten solle, sagten US-Vertreter am späten Donnerstag.
Eine von den ägyptischen Streitkräften gestützte Regierung sei eine von mehreren Ideen, sagten sie. Die USA wollten Ägypten dabei keine Lösung aufdrängen, es gehe aber darum, dass Mubarak bald aus dem Amt scheide. Angedacht ist unter anderem, dass Mubarak die Macht an den neuen Vizepräsidenten Omar Suleiman übergibt, der dann die Übergangsregierung führen könnte. „Der Präsident hat gesagt, dass nun die Zeit gekommen ist, um mit einem friedlichen, geordneten und sinnvollen Übergang zu beginnen“, sagte der im Weißen Haus für den Bereich Nationale Sicherheit zuständige Sprecher, Tommy Vietor. „Wir haben mit den Ägyptern eine Bandbreite verschiedener Möglichkeiten diskutiert, um diesen Prozess voranzutreiben.“ Weitere Einzelheiten wollten die Sprecher des Weißen Hauses sowie des US-Außenministeriums nicht nennen.
Ägyptischer Vizepräsident gibt Ausländern Mitschuld
Mubarak hatte einen Rücktritt auch zuvor schon abgelehnt. Noch am Donnerstag hatte er dem US-Fernsehsender ABC ein Interview gegeben und gesagt, er würde sein Amt jetzt niederlegen, könne dies aber nicht tun aus Furcht, das Land versinke dann noch tiefer im Chaos, wie Starreporterin Christiane Amanpour nach dem Gespräch berichtete. Mubarak habe bei dem Interview im Präsidentenpalast außerdem erklärt, er sei betroffen wegen der tödlichen Gewalt zwischen den Gruppen, die für oder gegen die Regierung demonstrieren. Die Regierung sei dafür nicht verantwortlich. Mubarak gab der verbotenen Muslimbruderschaft die Schuld an der Eskalation der Gewalt.
Omar Suleiman hatte zudem Ausländern vorgeworfen, die Unruhen in seinem Land anzuheizen. „Wenn es Demonstrationen dieses Ausmaßes gibt, wird es Ausländer geben, die kommen und (die Lage) ausnutzen“, sagte er im ägyptischen Staatsfernsehen.
Muslimbrüder bewerben sich nicht
Ägyptens Muslimbruderschaft will nach den Worten eines führenden Mitglieds keinen Kandidaten bei der Präsidentenwahl in dem arabischen Land stellen. "Wir haben deutlich gesagt, dass wir keine Ambitionen auf eine Kandidatur für das Präsidentenamt oder Posten in einer Regierungskoalition haben", sagte Mohammed al-Beltagi von der derzeit verbotenen islamistischen Partei am Freitag dem Fernsehsender Al-Dschasira.
Vertreter der ägyptischen Regierung hätten der Muslimbruderschaft in Aussicht gestellt, offiziell als Partei anerkannt zu werden, ergänzte Al-Beltagi. "Wir sind erst nach Ende des Mubarak-Regimes zu Gesprächen bereit", erklärte Al-Beltagi. Die Muslimbruderschaft hat an den Massenprotesten gegen den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak teilgenommen, aber erklärt, sich nicht an ihrer Organisation beteiligt zu haben.
Nacht blieb ruhig
Auf dem Tahrir-Platz in Kairo war es in der Nacht relativ ruhig geblieben. Fast 10.000 Demonstranten verblieben vor Ort, einige von ihnen tanzten und sangen. Andere legten sich auf den Boden, um Tee zu trinken oder zu schlafen.
Bislang sind in den nun seit zwei Tagen andauernden Kämpfen im Bereich des Platzes mindestens acht Menschen ums Leben gekommen und etwa 900 verletzt worden.
Reisehinweis für Kairo und Alexandria
Angesichts der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Ägypten hat das Auswärtige Amt seine Reisehinweise für wichtige Städte des Landes verschärft. Vor Reisen nach Kairo, Alexandria und Suez werde gewarnt, teilte das Auswärtige Amt am Donnerstag mit. Von Reisen in die übrigen Landesteile einschließlich der Urlaubsgebiete am Roten Meer werde weiterhin dringend abgeraten. Zuvor hatte das Auswärtige Amt von Reisen nach ganz Ägypten dringend abgeraten. (dapd/rtr)