Essen/Kairo. . Den Protest in Ägypten kennen wir als verwackelte Aufnahmen aus den Fernsehnachrichten. Wie die einzelnen Stimmen dieses Protestes klingen, kann man jetzt online hören. Denn Twitter und Google umschiffen die Netzsperre im Land.
„Das ägyptische Fernsehen lügt! Alle Menschen wollen Präsident Mubarak loswerden.“ Etwas kratzig klingt die Stimme des Mannes, der diese Sätze spricht. Dass man ihn hört, haben Google und Twitter gemeinsam ermöglicht. Denn eigentlich hat Ägyptens Staatsführung Internet und Mobilfunknetz abschalten lassen, um ihren Kritikern die Kommunikation zu erschweren.
Öffentlichkeitswirksam sind nun Google und Twitter in die Bresche gesprungen. Gemeinsam haben sie eine Art aufgemotzten Anrufbeantworter gebaut: Unter einer Telefonnummer können Ägypter vom Festnetz aus anrufen und kurze Nachrichten auf Band sprechen. Die werden dann über den Twitteraccount „Speak2tweet“ im Netz verbreitet - in jedem Tweet ein Link zu einer kurzen Sounddatei. Das hilft allen außerhalb Ägyptens, sich über den Widerstand zu informieren.
Für die Menschen im Lande dagegen ist viel wichtiger, dass sie unter derselben Telefonnummer auch die Nachrichten ihrer Mitbürger abhören können. So wird aus dem Anrufbeantworter ein digitaler toter Briefkasten, dessen Inhalt lebendiger nicht sein könnten: Männerstimmen, Frauenstimmen, leise Stimmen, laute Stimmen, aufgeregte Stimmen, beherrschte Stimmen. Mal mit Autolärm im Hintergrund, mal glasklar. So klingt der Protest.