Berlin. Lothar de Maizière schießt aus vollen Rohren gegen Alt-Kanzler Helmut Kohl. "Er wusste von der DDR so gut wie nichts", sagte er im Interview. Die Gespräche über den Einigungsvertrag habe Wolfgang Schäuble geführt. Kohl tue ihm "im Grunde fast leid". Er sei fast alle seine Weggefährten los.
Der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière wirft Alt-Kanzler Helmut Kohl (beide CDU) mangelnde Kenntnisse über die Verhältnisse in der DDR vor. «Er wusste von der DDR so gut wie nichts», sagte de Maizière dem Politikmagazin «Cicero». Kohl habe auch «gar nicht verhandelt», die Gespräche über den Einigungsvertrag habe der damalige und heutige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geführt. Kohl habe im Grunde die außenpolitische Seite abgedeckt. «Wenn man mit Details zu ihm kam, sagte er immer: 'Ach, das interessiert mich nicht, machen Sie das mit Wolfgang Schäuble'», sagte de Maizière.
Zum Alt-Kanzler habe er heute «gar kein Verhältnis», mit Schäuble sei er hingegen «sehr eng befreundet», betonte de Maizière weiter. Kohl tue ihm «im Grunde jetzt fast leid». Er sei fast alle seine Weggefährten los. «Ich glaube, dass es jetzt sehr einsam um ihn geworden ist», sagte de Maizière.
"Kohl hat sich kein Bein ausgerissen"
Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen, er habe als Inoffizieller Mitarbeiter mit der Stasi zusammengearbeitet, sagte de Maizière: «Ich weiß, was ich mit der Staatssicherheit besprochen habe und warum ich mit denen gesprochen habe, und ich weiß, dass zwischen denen und mir immer der Tisch stand, und ich hab mir da nichts vorzuwerfen.« Von Kohl habe er sich damals kaum unterstützt gefühlt: »Ich würde eher sagen, er hat sich kein Bein ausgerissen.«
Auf die Frage, wer damals die Kampagne gegen ihn losgetreten habe, sagte de Maizière: »Ich sage mal ganz vorsichtig, ich weiß, dass man bei der «Spiegel»-Redaktion, bevor es losging, wohl Bedenken hatte, dass man aber wohl den Hinweis bekommen hat, dass das Adenauer-Haus nicht sonderlich traurig darüber wäre.» (ddp)