Kairo. . Die Welle der Proteste gegen Armut und Unterdrückung ist von Tunesien nach Ägypten übergeschwappt. Tausende Menschen demonstrierten in Kairo gegen die Regierung von Präsident Mubarak.
Inspiriert von den Ereignissen in Tunesien, sind am Dienstag in Ägypten mehrere tausend Demonstranten gegen Präsident Hosni Mubarak und seine Regierung auf die Straße gegangen.
Allein in der Hauptstadt Kairo beteiligten sich nach Angaben der Sicherheitskräfte etwa 15.000 Menschen an verschiedenen Protestmärschen. Ihren Ausgang nahmen die Demonstrationen im Stadtzentrum in der Nähe des Obersten Gerichts. Dort war auf großen Schildern zu lesen: „Tunesien ist die Lösung“.
Solch große Protestbewegungen sind in dem bevölkerungsreichsten Land der arabischen Welt sehr ungewöhnlich. Selten kamen dort mehr als ein paar Hundert Demonstranten zusammen, Kundgebungen wurden in der Regel schnell von der Polizei aufgelöst. Das Innenministerium drohte mit Festnahmen. Sie setzte auch Wasserwerfer gegen Demonstranten ein.
Demonstranten durchbrechen Polizeiabsperrung
Es gelang Gruppen von Demonstranten, eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen und sich auf Straßen in der Umgebung des Gerichtsgebäudes zu verteilen. In anderen Teilen Kairos versammelten sich ebenfalls Demonstranten. Die Regierung hatte im Zentrum vorsorglich bis zu 30.000 Polizisten zusammengezogen.
Von der Revolte in Tunesien ermutigte Ägypter hatten zuvor im Internet zu einem „Tag des Zorns“ aufgerufen und so die Demonstranten mobilisiert. Auch in den Städten Alexandria, Mansura und Ismailija sowie in Assuan, Assiut und El Mahdia gab es Demonstrationen. Zu den Forderungen gehörten der Rücktritt von Innenminister Habib el Adli, dessen Polizei und Sicherheitsdiensten Menschenrechtsverstöße vorgeworfen werden, die Aufhebung des seit Jahrzehnten geltenden Ausnahmezustands und eine Erhöhung des Mindestlohns.
„Nieder mit Husni“
„Nieder mit Husni“, skandierte die Menschenmenge im Zentrum von Kairo. „Sag deinem Vater, dass die Ägypter dich hassen, Gemal“, wurde Mubaraks Sohn symbolisch gerufen. Viele Ägypter glauben, dass dieser von seinem 82-jährigen Vater als Nachfolger vorgesehen ist. Vater und Sohn weisen dies zurück.
Mehrere Gruppen hatten zu einem „Tag der Revolte gegen Folter, Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit“ aufgerufen. Der Dienstag fiel mit dem „Tag der Polizei“ zusammen, einem Feiertag zu Ehren der ägyptischen Sicherheitskräfte. Die Initiative wurde auch von dem Oppositionspolitiker und früheren Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, unterstützt.
Die sozialen Proteste in Tunesien hatten im vergangenen Dezember begonnen und am 14. Januar zum Sturz des seit 23 Jahren regierenden Präsidenten geführt. Mubarak ist in Ägypten seit fast drei Jahrzehnten an der Macht. (afp/rtr)