Berlin. Die AfD hat eine Millionenspende erhalten. Nun ermitteln österreichische Ermittler zur Herkunft. Was ist bekannt über den mutmaßlichen Spender?

Henning Conle ist mächtig. Vor allem mächtig reich. Er besitzt Immobilien. Sehr viele, und laut Medienberichten nicht nur in Deutschland. Selbst die englische Zeitung „The Guardian“ Conle 2014 betitelt ihn als „einen der größten Investoren“ in Londons Immobilienwirtschaft. Dabei hat Conles Firma seinen Hauptsitz in einer Stadt, deren Image alles andere als Reichtum und Glamour verspricht: Duisburg, im Ruhrgebiet.

Nun ist Conle im Fokus der Medien. Allerdings nicht aufgrund seiner Immobiliengeschäfte. Es ist erst ein paar Wochen her, da erhielt die in Teilen rechtsextreme AfD die höchste gemeldete Parteienspende in ihrer Geschichte: 2,35 Millionen Euro. Der Spender war nach Auskunft der AfD auch gegenüber unserer Redaktion der ehemalige Landesgeschäftsführer der Vorarlberger FPÖ, Gerhard Dingler. Dieser soll demnach eine Werbeagentur kontaktiert haben, beauftragte rund 6400 Großwandplakate für die AfD. Sie stehen heute in grellem Gelb an vielen Stellen in Deutschland.

Doch nun berichten der „Spiegel“ und die österreichische Zeitung „Der Standard“ über einen Verdacht, dem die Strafverfolgungsbehörden offenbar nachgehen: Nach Recherchen der Redaktionen steht im Raum, dass Dingler für die Millionentransaktion lediglich als „Strohmann“ fungiert haben soll. Laut österreichischen Sicherheitsbehörden soll der Geschäftsmann aus Vorarlberg demnach vor seiner vermeintlichen Spende an die AfD eine „Schenkung“ in Millionenhöhe erhalten haben – von Henning Conle.

Welche Motivation hat der mutmaßliche Spender? Wenig ist bekannt über ihn

In Deutschland ist es illegal. Sogenannte „Strohmann-Spenden“ sind laut Parteiengesetz verboten. Der Wähler soll „über die Herkunft der ins Gewicht fallenden Spenden an politische Parteien korrekt und vollständig unterrichtet werden und die Möglichkeit haben, daraus seine Schlüsse zu ziehen“, heißt es auf der Seite der Bundesregierung dazu.

Das Bundeskriminalamt und die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) in Österreich ermitteln wegen des Verdachts der Geldwäsche und der verdeckten Parteienfinanzierung. Es gilt die Unschuldsvermutung. Das österreichische Bundesinnenministerium teilt auf Nachfrage unserer Redaktion nur mit: „Wir bitten um Verständnis, doch seitens des BK werden keine Auskünfte zu konkreten Personen erteilt. Die Spende per se ist auf der Seite des Deutschen Bundestages frei ersichtlich.“

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#25 Verdirbt Politik den Charakter?

Mikas Matrix

Conle ist bisher nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch ein Kontakt zu Gerhard Dingler kam zu den aktuellen Vorwürfen bisher nicht zustande. Den „Vorarlberger Nachrichten“ hatte Dingler laut Medienberichten damals gesagt, dass die Spende „immer in Form einer Sachspende geplant gewesen sei“, dass ihm bewusst gewesen sei, dass sie aufgrund des deutschen Parteienrechts öffentlich gemacht werden müsste. Die AfD hatte die Spende zeitig der Bundestagsverwaltung gemeldet, als Spender Gerhard Dingler mit einer Adresse in Österreich angegeben.

AfD-Bundesschatzmeister Carsten Hütter sagt nun im Gespräch mit unserer Redaktion, Dingler habe mehrfach versichert, dass die „Sachspende aus seinem privaten Vermögen“ stamme. „Die AfD steht in ständigem Austausch mit der Deutschen Bundestagsverwaltung.“ Er biete eventuell ermittelnden Behörden „proaktiv“ Mitarbeit an. Der Politiker hebt hervor: „Solange keine Beweise für die erhobenen Behauptungen über eine sogenannte Strohmannspende vorliegen, kann von einer Spendenaffäre keine Rede sein.“

Henning Conle gilt als überaus öffentlichkeitsscheu. Es gibt nicht einmal ein Foto

Nach Recherchen des „Spiegel“ soll Dingler vor wenigen Wochen seiner Bank, der Raiffeisenbank Montfort, einen Vertrag vorgelegt haben, laut dem er 2,6 Millionen Euro geschenkt bekam. Der „Schenker“ ist demnach Henning Conle. Auf die Nachfrage der Bank, wofür das Geld verwendet werde, soll Dingler laut dem Bericht erst von einem Immobilienprojekt gesprochen haben. Doch kurz darauf erhielt eine Werbeagentur mit Sitz in Köln 2,35 Millionen Euro für die Plakatkampagne.

Henning Conle lebt längst nicht mehr in Duisburg, sondern nach Informationen unserer Redaktion in der Schweiz. Er gilt als überaus öffentlichkeitsscheu. Es gibt nicht einmal ein Foto dieses schillernden Unternehmers. Es ist Jahrzehnte her, dass Dieter und Henning Conle den von ihrem Vater Heinz und Onkel Kurt aufgebauten Immobilienbesitz nach dem Krieg untereinander aufteilten. Dazu gehören auch Tausende Wohnungen in Duisburg und Mülheim. Die Trennlinie innerhalb der Familie spiegelt sich auch im Image wider. Die Unternehmen der Duisburger Schiene von Henning Conle gerieten bei Mieterschützern in der Vergangenheit sehr viel häufiger in die Kritik als die Mülheimer.

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    Heinz Conle war Architekt und zeitweise SPD-Ratsherr in Duisburg. Gemeinsam mit seinem Bruder Kurt hatte er 1948 ein Architekturbüro in Mülheim gegründet. Das Unternehmen wuchs durch Zukäufe von Baufirmen und das Hochziehen ganzer Siedlungen mit Sozialwohnungen. Die Geschäfte liefen so gut, dass sich Kurt Conle eine Cessna kaufen konnte, damit im Jahr 1955 zu den Mitgründern der Fluglinie LTU gehörte und später deren Mehrheitsgesellschafter wurde. 1966 starb Kurt Conle. Seine Erben führten die LTU zunächst weiter, verkauften die Anteile später aber Stück für Stück. 2007 übernahm Air Berlin die LTU, die ihren Betrieb 2011 einstellte.

    Vor einigen Jahren musste die AfD bereits eine empfindliche Strafe zahlen

    Das Immobiliengeschäft, darunter die Varia Bau in der Mülheimer Innenstadt und die Conle Property Group in Duisburgs feinstem Villenviertel am Kaiserberg, gibt es nach wie vor.

    Sollte die Sachspende im Wert von 2,35 Millionen Euro illegal im Sinne des Parteiengesetzes sein, droht der AfD ein heftiger finanzieller Schaden: vermutlich die dreifache Summe. Schon einmal musste die AfD ein Bußgeld an die Bundestagsverwaltung zahlen, Ende 2020. Damals aufgrund einer verschleierten Großspende von gut 132.000 Euro. Der Geldgeber war laut Medienberichten damals: Henning Conle.