Berlin. Ob Autoindustrie oder Digitalwirtschaft: Firmen-Vertreter sorgen sich vor den Folgen, sollte die AfD ihr Wirtschaftsprogramm umsetzen.
Normalerweise diplomatisch, jetzt scharf: „Mehr Schwachsinn kann man nicht verbreiten.“ Das ist die Einschätzung von Reinhard Lüken zur Forderung, Windräder abzureißen, welche kürzlich AfD-Chefin Alice Weidel erhob. Lüken arbeitet als Geschäftsführer des Verbandes Schiffbau und Meerestechnik. Die Unternehmen, die er vertritt, leben auch davon, Windparks auf dem Meer zu errichten.
Der Lobbyist lehnt das Wirtschaftsprogramm der Hartrechten grundsätzlich ab. Mit der „Russland-Freundlichkeit“ der Partei „können unsere Mitglieder nichts anfangen“. Denn in manchem Betrieb komme es mittlerweile zu Sabotageakten – Bestandteil hybrider Kriegsführung der russischen Regierung. Zur Forderung, Beschäftigte mit ausländischer Herkunft des Landes zu verweisen und Einwanderung zu verhindern, sagt Lüken: „Dann können unsere Betriebe zumachen.“ Die AfD sei „nicht die Stimme des Volkes“, sie spreche für eine Minderheit, deren Positionen die große Mehrheit der Bevölkerung ablehne.
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AfD: Firmen-Netzwerk warnt vor den Folgen der Wirtschaftspolitik
So deutlich äußerten sich mehrere Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft am Dienstag im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Fünf Tage vor der Bundestagswahl eingeladen hatte das Firmen-Netzwerk „Vielfalt ist Zukunft“, das sich unter anderem für eine zivilisierte Einwanderungspolitik einsetzt. Ihm gehören Unternehmen wie Ikea und Organisationen wie die Unternehmerinitiative Bayern an.
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Ingrid Rieken, Personalvorständin der Firma MAN Energy Solutions mit Sitz in Augsburg, sagt: „Menschen müssen kommen können, aber auch kommen wollen.“ Um künftig ausreichend viele Beschäftigte zu gewinnen, sei man auf ausländische Bewerber angewiesen, die aber nur den Umzug erwögen, wenn die Atmosphäre in Deutschland angenehm sei. Riekens Firma fertigt unter anderem große Dieselmotoren, Dampfturbinen, aber auch Elektrolyseure und Wärmepumpen. „Wir arbeiten am Klimaschutz“, betont die Managerin, „ihn zurückzudrängen, wäre für unser Unternehmen fatal.“ Fabian Zacharias, Mitglied der Geschäftsleitung von Bitkom, des Verbandes der Digital-Unternehmen, erklärt, er halte die hartrechte Partei für „technologiefeindlich“.
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IW-Studie: AfD-Wirtschaftspolitik würde Milliarden kosten
Diese und ähnliche Argumente liefern die Erklärung für die Ergebnisse der aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), beauftragt vom Vielfalt-ist-Zukunft-Netzwerk. Demnach befürworten nur gut drei Prozent der befragten 900 Firmen die ablehnende Haltung der AfD zur europäischen Währung Euro. Eine ähnliche Verteilung zeigt die Studie zu einer einwanderungsfeindlichen Politik. 90 Prozent der befragten Managerinnen und Manager halten Arbeitsmigration für nötig.
Die Unternehmen haben auch einfach Angst, dass ihnen Umsätze, Gewinne und Märkte verloren gehen. Die Verluste könnten enorm sein, hat das IW berechnet. Der Austritt Deutschlands aus dem Euro reduziere die Wirtschaftsleistung um 140 Milliarden Euro jährlich. Eine extreme Politik der Ausländerfeindlichkeit koste bis zu 650 Milliarden Euro. Nimmt man beide Zahlen zusammen, erreichen die Schäden der AfD-Wirtschaftspolitik die Größenordnung eines Fünftels des deutschen Bruttoinlandprodukts – ein „massiver Wohlstandsverlust“, kommentiert die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller.
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In Davos hofierten mächtige Firmenlenker Donald Trump
Aber wie stabil ist die Front der Wirtschaft gegen die extrem Rechten? Beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar war zu beobachten, wie einige Konzernchefs, etwa Coca-Cola-Vorstand James Quincey, dem neuen US-Präsidenten Donald Trump den Hof machten. Werften-Lobbyist Lüken kann solche Tendenzen nicht bestätigen. „In unserem Verband gibt es keine Diskursverschiebung“, die Mitglieder äußerten sich eher zunehmend kritisch gegenüber der AfD.