Berlin/Brüssel. Die US-Regierung fordert von den Europäern, Sicherheitsgarantien für die Ukraine abzugeben. Die berufen einen Krisengipfel ein.
US-Präsident Donald Trump setzt im Vorfeld der geplanten Ukraine-Friedensgespräche die europäischen Staaten unter Druck: Ihre Regierungen sollen kurzfristig erklären, welche Beiträge sie zu einer möglichen Friedenstruppe in der Ukraine leisten können, an der sich die USA nach Angaben von Verteidigungsminister Pete Hegseth nicht beteiligen wollen. Angesichts der neuen Lage kommen europäische Regierungschefs am Montag zu einem kurzfristig einberufenen Krisengipfel in Paris zusammen, um Europas Beitrag zu einer möglichen Friedenslösung zu beraten. Zu dem Treffen auf Einladung von Präsident Emmanuel Macron wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet.
Der Beratungsbedarf ist akut, weil die amerikanisch-russischen Friedensgespräche schon in den nächsten Tagen in Saudi-Arabien beginnen sollen. Das US-Außenministerium hat in den vergangenen Tagen europäischen Regierungen einen Fragebogen zugestellt, mit dem sie in Washington mögliche Beiträge zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine anmelden sollen.
Auch interessant
Ukraine-Krieg: Die USA fragen bei den Europäern ab, was sie leisten können
Die US-Regierung nennt dabei präzise Anforderungen, sie erwartet Angaben zur militärischen Ausrüstung und zur Zahl der Soldaten, die die europäischen Staaten jeweils bereitstellen könnten. Nato-Generalsekretär Mark Rutte bestätigte in München die Anfragen per Fragebogen. Er habe das entsprechende Schreiben selbst nicht gesehen, aber er könne vollkommen nachvollziehen, dass der Fragebogen dazu beitrage, die Gespräche zu fokussieren.

Vor dem Krisentreffen ist unklar, wie die europäischen Staaten reagieren und ob sie den Fragebogen gegebenenfalls gemeinsam beantworten. Die amerikanische Anfrage wird unter europäischen Nato-Staaten einerseits als Chance betrachtet, doch noch in die möglichen Friedensverhandlungen einbezogen zu werden – bei den ersten Gesprächen werden sie nicht dabei sein, die Sorge ist groß, dass Trump die Europäer außen vor lassen, aber ihnen die Lasten der späteren Friedenssicherung überlassen will.
Nato-Chef Rutte: Europäer sollen Vorschläge für Friedenslösung machen
Nato-Chef Rutte meinte in diesem Sinne bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die Europäer müssten sich stärker in den Prozess einbringen. „Wenn die Europäer ein Mitspracherecht haben wollen, müssen sie sich relevant machen“, sagte Rutte. Europa müsse sich „gute Vorschläge“ überlegen, um bei der Sicherung eines Friedens in der Ukraine zu helfen. Die Idee, einen späteren Deal mit Soldaten abzusichern, dürfe kein Tabu sein.
Lesen Sie auch: Trump verhandelt mit Putin - so droht der Ukraine ein Debakel
Der britische Premier Keir Starmer, der am Krisengipfel teilnehmen wird, sagte, dies sei ein „einmaliger Moment für unsere nationale Sicherheit“ und es sei klar, dass Europa eine größere Rolle in der Nato übernehmen müsse. Das Vereinigte Königreich werde sich dafür einsetzen, dass die USA und Europa zusammenhielten, sagte er und fügte hinzu, man dürfe nicht zulassen, dass Spaltungen in der Allianz von äußeren Feinden ablenkten.

Europäische Staaten können robuste Friedenstruppe nicht allein stellen
Doch ist die Mehrzahl der europäischen Regierungen bislang nicht gewillt, ohne substanzielle Beteiligung der USA die Verantwortung für die Sicherung eines Waffenstillstands zwischen der Ukraine und Russland zu übernehmen. Das Risiko, dann in einen militärischen Konflikt mit Russland hineingezogen zu werden, gilt als zu groß. Bundeskanzler Scholz sagt: „Ganz klar für mich ist, dass es keine Lösungen geben darf, die nicht zugleich auch Lösungen sind, an denen die USA beteiligt sind“. Die transatlantische Einheit müsse „immer gewährleistet werden“.
Zudem können die europäischen Staaten die notwendigen Kontingente allein gar nicht bereitstellen. Unter den europäischen Nato-Staaten kursiert die Zahl von 40 000 bis 50 000 Soldaten, die unter größten Kraftanstrengungen für einen Ukraine-Einsatz mobilisiert werden könnten. In anderen Szenarien ist von höchstens 20.000 die Rede, wenn andere Einsätze nicht beeinträchtigt werden sollen.
Ukraine-Friedenstruppe: Nato schätzt Bedarf auf 200.000 Soldaten
Haupttruppensteller wären nach solchen Überlegungen Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien und Deutschland, dazu einige kleinere EU-Staaten. Für einen robusten Einsatz, der einen Waffenstillstand entlang der 1200 Kilometer langen Front verlässlich absichern könnte, werden nach Einschätzung von Nato-Militärs aber mindestens 200 000 Soldaten benötigt.

Die EU-Staaten bereiten sich aber bereits auf eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben vor. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte in München an, die EU-Verschuldungsregeln über eine Ausweichklausel zu lockern, um den Mitgliedstaaten höhere Ausgaben für ihr Militär zu ermöglichen.