München. Der Kanzler reagiert mit Sarkasmus auf einen Affront der Trump-Truppe. US-Vize Vance zeigt auf seine Art, was er von Scholz hält.
„Huh“, macht Olaf Scholz gespielt nachdenklich. Gleich wird der Kanzler bewusst sarkastisch werden. Und das auf dem Podium der Münchner Sicherheitskonferenz, auf der Weltbühne dieses Wochenendes. Das Ziel seines Giftpfeils ist kein geringerer als der US-Vizepräsident J.D. Vance und damit auch dessen Boss Donald Trump. Das „Huh“ zeigt, wie angekratzt das transatlantische Verhältnis ist.
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In seiner mit Spannung erwarteten Ansprache hielt der US-Vizepräsident den Europäern am Vortag eine provokative Standpauke. Er warf ihnen vor, die Meinungsfreiheit zu beschneiden, und forderte mit Blick auf die AfD, „Brandmauern“ dürfe es nicht geben. Über einen Frieden in der Ukraine sprach er nicht. Ein Affront, nachdem die US-Machthaber in den Tagen zuvor den Kontinent mit zum Teil widersprüchlichen Aussagen in Alarmstimmung versetzt hatten.
Scholz an die Adresse von Vance: „Das gehört sich nicht“
Ob es in der Rede des US-Vizepräsidenten auch etwas gegeben habe, worüber es sich zu reden lohne, fragt Zanny Minton Beddoes, Chefin des britischen „Economist“, den Kanzler. Die beiden sprechen auf Englisch, seine Rede zur Eröffnung des zweiten Tages der Sicherheitskonferenz hatte der Kanzler zuvor auf Deutsch gehalten. „Huh“, entfährt es Scholz also, dann wartet er einen Augenblick, um Spannung aufzubauen. Ob sie all die „wirklich relevanten“ Äußerungen über Sicherheit und Verteidigung in Europa meine, fragt der Kanzler mit bitterer Ironie. Gelächter im Saal.
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Aus dem „Huh“ spricht die Entgeisterung und Empörung, die nicht nur bei dem Kanzler über die Trump-Truppe herrscht. Die AfD sei eine Partei, aus deren Reihen heraus der Nationalsozialismus und seine „monströsen Verbrechen“ als „Vogelschiss“ der deutschen Geschichte verharmlost werden, sagt der Kanzler in seiner Rede. „Deshalb werden wir es nicht akzeptieren, wenn Außenstehende zugunsten dieser Partei in unsere Demokratie, in unsere Wahlen, und in die demokratische Meinungsbildung eingreifen.“
Scholz stellt klar: „Das gehört sich nicht – erst recht nicht unter Freunden und Verbündeten. Das weisen wir entschieden zurück!“
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Vance trifft Weidel und Merz, nicht aber Scholz
Scholz setzt einen weiteren Seitenhieb: „Laut dem Institut für Weltwirtschaft sind die USA und Deutschland mit weitem Abstand die größten Unterstützer der Ukraine. In absoluten Zahlen liegen die USA vorn.“ Aber, betont der Kanzler: „In Relation zur Wirtschaftskraft aber liegt die deutsche Unterstützung vier Mal so hoch wie die amerikanische.“ Scholz verspricht zudem höhere Ausgaben für Verteidigung in Deutschland und Europa.
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„Die Rede war nicht schlecht, aber komplett wirkungslos“, bilanziert die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Er redet in großen, nicht falschen Worten über das, was zu tun ist. Das Umsetzen derselben: Fehlanzeige. Eine Woche vor seiner Abwahl, auch zu spät.“ Die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz hätten aktiv dazu aufgerufen werden müssen, für den Scholz-Auftritt in den Saal zu kommen. Aber: „Die Reihen waren spärlich gefüllt“, schildert Strack-Zimmermann ihren Eindruck.
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Dass Vance sich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz mit AfD-Chefin Alice Weidel und dem Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz traf, nicht jedoch mit Scholz, zeigt ebenfalls: Die US-Regierung hat an diesem deutschen Bundeskanzler und seinen Worten keinerlei Interesse. Eine weitere bittere Erkenntnis über den Zustand der transatlantischen Beziehungen.