Washington. Der US-Präsident fordert tarifäre Gleichbehandlung. Auto-Industrie besonders gefährdet. 180 Tage sind Zeit, um einen Kompromiss zu finden.
Wenn Donald Trump dabei bleibt, Länder, mit denen die USA hohe Handelsdefizite haben, zuerst unter ein neues Regime von wechselseitigen Strafzöllen zu stellen, kommt Deutschland voraussichtlich ziemlich schnell an die Reihe.
Die Bundesrepublik erzielte im Handel mit den Vereinigten Staaten zuletzt einen Rekordüberschuss von 70 Milliarden Euro. Der US-Präsident will das nicht länger hinnehmen. Er unterzeichnete am Donnerstag ein Memorandum, das seinen Handelsbehörden 180 Tage Zeit gibt, individuelle, länderspezifische Zölle festzulegen. Dabei gilt das Prinzip „Wie Du mir, so ich Dir.“
Heißt: Die USA streben auf Import-Produkte den gleichen Zollsatz an, den ein anderes Land auf US-Waren verlangt. Zölle, die die Europäische Union auf US-Autos erhebt (rund zehn Prozent), würde somit empfindliche Konsequenzen haben, wenn man sich nicht beizeiten auf eine Angleichung oder Aufhebung der Zölle verständigt. Denn umgekehrt verlangen die Amerikaner für die meisten Autos aus Europa nur 2,5 %-Zollaufschlag.
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Wie und ab wann sich das neue Zoll-Regime auswirken wird, ist unklar. Trump lud jedes Land dazu ein, Zölle abzuschaffen bzw. auf US-Niveau anzugleichen. „Damit ist Spielraum für Verhandlungen gegeben, um etwa die europäische Auto-Industrie vor Schaden zu bewahren”, sagte ein Vertreter der deutschen Wirtschaft in Washington inoffiziell.
„Spielraum für Verhandlungen“
Für Trump ist eine „reziproke“ Zollpolitik die angemessene Antwort auf aus seiner Sicht unfaires Verhalten von Handelspartnern. Amerika und Europa bewerten ihr Zollstrukturen allerdings unterschiedlich. Trumps Wirtschafts-Berater Kevin Hesset sagt, die Zollsätze der EU seien im Schnitt zwei bis drei Prozentpunkte höher als die Zollsätze der USA. Dagegen stellt die Weltbank fest, dass die US-Zollsätze im Schnitt nur einen Prozentpunkt höher seien als die der Europäischen Union. Die Welthandelsorganisation (WTO) macht zudem geltend, dass der Anteil der US-Exporte, die ganz zollfrei in die EU kommen, höher ist als in die andere Richtung.
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Handelsexperten sehen in Trumps Vorgehen ein schwieriges Unterfangen, da jedes der 186 Mitglieder der Welthandelsorganisation unterschiedliche Zollsätze habe. Ein System, das individuell unterschiedliche Steuern festsetzt, könnte darum leicht ein bürokratischer Albtraum werden und am Ende die Kosten für den US-Verbraucher erhöhen.

Trump macht bei seinem angekündigten Zoll-Krieg deutlich, dass er die Europäische Union besonders auf dem Kieker hat. Er fremdelt mit der im Schnitt bei 20 % liegenden Mehrwertsteuer, die sich negativ auf den Handel mit den USA auswirke. Er betonte: „Wir wollen gleiche Bedingungen. Das neue System der gegenseitige Zölle wird wieder Gerechtigkeit wiederherstellen.” Dass Waren über Drittländer verschickt werden, um Zölle zu vermeiden, werde er nicht akzeptieren. Passend zu seiner Entscheidung empfing Trump am Donnerstag den indischen Premierminister Narendra Modi. Dessen Land erhebt etwa auf US-Autos 60 Prozent Strafzoll. Aus Trumps Sicht ein unhaltbarer Zustand.