Berlin. In dem Umfragen liegt die SPD deutlich zurück. Im TV-Duell mit Friedrich Merz will Olaf Scholz deswegen eine bestimme Gruppe ansprechen.

Am Sonntagabend treffen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz in einem ersten TV-Duell vor der Wahl am 23. Februar aufeinander. Scholz muss in dem von ARD und ZDF übertragenen Gespräch dringend Punkten. Ein Überblick über seine Taktik, seine Stärken – und seine Schwächen.

Wie steht er da?

Wer genau hinhört, kann die SPD mit wachsender Nervosität die Melodie von Herbert Grönemeyers „Zeit, dass sich was dreht“ summen hören. Den Sozialdemokraten und ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz war klar, dass sie mit einem deutlichen Rückstand auf die Union in den Wahlkampf starten. Mit großer Überzeugung gingen die Genossen allerdings davon aus, dass sich die Lücke kurz vor der Wahl schließt. Zwei Wochen vor dem Wahltermin allerdings ist die Union in den Umfragen noch immer etwa doppelt so stark wie die SPD.

Das TV-Duell hat daher aus Sicht des Kanzlerteams eine große Bedeutung. Wenn Scholz noch einmal Bewegung in die Stimmung im Land bringen will, dann jetzt. Dem Kanzler rennt die Zeit weg. Es ist also höchste Zeit, dass sich was dreht.

Wahlkampf-Veranstaltung mit Bundeskanzler Scholz
Liegt in den Umfragen deutlich hinter Unionskandidat Friedrich Merz: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). © DPA Images | Marijan Murat

Was wird seine Taktik im Duell sein?

Scholz setzt in der Endphase des Wahlkampfes auf zwei Gruppen: die Unentschlossenen und die Erschreckten. Die Wahlkampfstrategie der SPD basierte von Anfang an darauf, dass Friedrich Merz Schwächen zeigt, Angriffsflächen bietet, Fehler macht. Als dies zu Jahresbeginn nicht passierte, warf die SPD der Union vor, ihren Kanzlerkandidaten zu verstecken. Seit der umstrittenen Migrationsabstimmung der Union mit der AfD im Bundestag sehen die Sozialdemokraten jedoch ihre Chance gekommen.

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Meine schwerste Entscheidung

Scholz kritisierte den Herausforderer als gefährlichen und unbeherrschten „Zocker“, der mit der gemeinsamen Abstimmung mit der AfD nicht nur wissentlich und entgegen vorherigen Versprechen einen Tabubruch begangen hat – sondern dies auch nach der Wahl wiederholen könnte. Diese Vorwürfe dürfte Scholz in dem TV-Duell wiederholen und vor einer schwarz-blauen Mehrheit aus Union und AfD warnen. Der Kanzler will damit Wähler ansprechen, die das Merz-Manöver mit der AfD ablehnen und vor einer Normalisierung der Rechtsaußenpartei Angst haben.

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Scholz dürfte seine Charakterisierung von Merz zudem mit der Warnung verknüpfen, dass der CDU-Chef in dieser heiklen Weltlage ein Sicherheitsrisiko für Deutschland sei. Schließlich ist zu erwarten, dass der SPD-Politiker seinem Kontrahenten vorwirft, die Axt an Renten und andere Sozialleistungen legen zu wollen.

Scholz bei «maischberger»
Bundeskanzler Olaf Scholz wirft Friedrich Merz vor, ein „Zocker“ zu sein. © DPA Images | Oliver Ziebe

Was sind seine Stärken?

Scholz ist Fachmann durch und durch. Merz dürfte den Kanzler in dem live übertragenen TV-Duell kaum dabei erwischen, dass er in der Hitze der Auseinandersetzung Zahlen durcheinanderwirft oder eine EU-Richtlinie nicht korrekt zitieren kann. Was Scholz sagt, hat er sich vorher gut überlegt. Dem SPD-Politiker rutscht nichts heraus. Scholz ist zudem emotional kontrolliert: Sollten die Zuschauer meinen, einen Wutausbruch von Scholz zu erleben, dann hat der 66-Jährige das genau so geplant. Das Team des Kanzlers sieht darin eine Stärke und einen Vorteil gegenüber Merz.     

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Was sind seine Schwächen?

Seine Schwächen sind die Kehrseite seiner Stärken. Gerade da Scholz so kontrolliert ist, spricht er oft gestelzt und bürokratisch. Dadurch wirkt der Sozialdemokrat dann alles andere als mitreißend oder emotional. Es kann zudem vorkommen, dass der Kanzler sehr leise redet. Sollte dies in der TV-Sendung passieren, dürfte das für die Zuschauer nicht unbedingt zu merken sein. Merz könnte darin jedoch eine Schwäche wittern und sich zum Angriff auf den Kanzler ermutigt fühlen.