Berlin. Der Skandal um den Pankower Grünen-Abgeordneten hat die Parteispitze erreicht. Robert Habeck schwieg zunächst. Nun äußert er sich doch.

Die Grünen sind nicht nur in Pankow in Aufruhr. Nach Belästigungsvorwürfen gegen den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar gab es am Freitag eine abrupte Wende in dem Fall. Eine Grünen-Bezirkspolitikerin soll sich als betroffene Person ausgegeben und unter falschem Namen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben. Inzwischen ist sie aus der Partei ausgetreten.

Manch einer bei den Grünen wittert eine Intrige gegen Gelbhaar. Auch Parteichef Robert Habeck geriet ins Visier, denn sein Wahlkampfmanager, der Bundestagsabgeordnete Andreas Audretsch, soll ein Profiteur des Skandals um Gelbhaar sein. Dieser hatte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe seine Kandidatur für Platz zwei der Berliner Landesliste der Grünen zurückgezogen. Gewählt wurde dann Audretsch. Platz zwei gilt quasi als eine Garantie für den erneuten Einzug ins Parlament.

Andreas Audretsch leitet den Bundestagswahlkampf der Grünen.
Andreas Audretsch leitet den Bundestagswahlkampf der Grünen. © dpa | Britta Pedersen

Habeck: Parteivorstand ist „komplett dran“

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck wollte in einem Interview mit RTL nicht zu dem Fall befragt werden. Am Montag äußerte er sich dann aber doch. „Die Vorgänge im Berliner Landesverband sind gravierend und auch schockierend“, sagte der Wirtschaftsminister in Berlin. „Es muss unbedingt schnell und rücksichtslos aufgeklärt werden, was da eigentlich passiert ist, und auch die Konsequenzen gezogen werden.“ Habeck betonte: „Genau das hat sich der Bundesverband mit hoher Priorität vorgenommen.“ Der Parteivorstand sei da „komplett dran“. Weitere Fragen zum Thema beantwortete Habeck nicht und verwies auf eine Pressekonferenz des Parteivorstands am Nachmittag.

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#1 Robert Habeck über Krieg, Frieden und Waffen

Meine schwerste Entscheidung

Habeck war auch von der CDU/CSU-Opposition unter Druck gesetzt worden. Der Bundeswirtschaftsminister müsse sich persönlich erklären, verlangte CSU-Generalsekretär Martin Huber nach einer Parteivorstandssitzung in München. „Was wusste Robert Habeck? War er eingeweiht? Hat er dieses Vorgehen gebilligt?“, fragte er.

Grünen-Bundestagsmitglied Stefan Gelbhaar
Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) © DPA Images | Julian Weber

CSU-Landesgruppenchef wittert „grünes Intrigensystem“

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt attackierte. Habecks Schweigen schaffe neue Verdachtsmomente. „Das Schweigen schafft Misstrauen.“ Bei den Vorgängen rund um die Berliner Listenaufstellung müsse es sich um massive kriminelle Energie gehandelt haben. Eine Frage sei nun, ob dafür eine Person verantwortlich sei oder ob es sich um ein „grünes Intrigensystem“ handle. Dies müsse die Partei sehr schnell aufklären. Dobrindt kündigte an, man werde im Bundestag eine parlamentarische Anfrage zur Bewertung dieser Listenaufstellung stellen.

Gegen Gelbhaar, der Mitglied des Grünen-Kreisverbands Berlin-Pankow ist, stehen seit Mitte Dezember Belästigungsvorwürfe im Raum. Der RBB berichtete nach eigenen Angaben auf Grundlage von eidesstattlichen Versicherungen von Frauen. Außerdem hatte der Sender nach eigenen Angaben Einblick in anonyme Meldungen an die Ombudsstelle der Grünen. 

Am Freitag zog der Sender Teile seiner Berichterstattung dazu zurück und berichtete über Zweifel an der Identität einer Person, die solche Vorwürfe erhoben hatte.

tok/dpa