Berlin. Die Grünen gehören zu den erklärten Feinden der AfD. Doch die Kanzlerkandidatin Alice Weidel folgt nun einer grünen Tradition.
Alice Weidel ist kein Fan der Grünen, das hat sie in der Vergangenheit mehr als deutlich gemacht. Von einer „grünen Schande“ schrieb die AfD-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin einst auf Facebook. Zuletzt machte sie mit der Ankündigung Schlagzeilen, alle Windkraftwerke niederreißen zu wollen – und ruderte später zurück.
Umwelt- und Naturschutz, das ist für Alice Weidel und ihre in Teilen rechtsextreme Partei kein wichtiges Thema. Und das, obwohl die Politikerin in ihrer Freizeit durchaus naturverbunden zu sein scheint. Zumindest, wenn man der „Neuen Zürcher Zeitung“ glaubt. Das Schweizer Traditionsmedium, das zuletzt zunehmend wohlwollend über die AfD berichtet, hat vor Kurzem ein sehr persönliches Porträt über Weidel veröffentlicht. Darin geht es auch um die Freizeitgestaltung der Parteichefin.
- Steckbrief: Gründung, Mitglieder, Fakten – Die wichtigsten Infos zur AfD
- Rückblick: Geschichte der AfD – Erst Euroskeptiker, dann Rechtspopulisten
- Mitglieder: Das sind die wichtigsten Politikerinnen und Politiker der AfD
- Spitzenkandidatin: Alice Weidel – Die AfD-Chefin im Steckbrief
In ihrer Schweizer Heimat: AfD-Chefin Weidel „umarmt Bäume“
In Einsiedeln, der Schweizer Kleinstadt, in der Weidel mit ihrer Partnerin und den beiden gemeinsamen Kindern lebt, würde die Politikerin „frühmorgens auf den Grossen Mythen“ steigen, um dort „den Sonnenaufgang zu erleben“. Im nahen Wald, heißt es weiter, „umarmt sie Bäume“.
Moment: Bäume umarmen? Das klingt für eine AfD-Politikerin schon ziemlich grün. Doch auch Konservative nehmen gern ein „Waldbad“, wie einst CSU-Chef Markus Söder bewies. „Der Markus Söder umarmt immer noch Bäume“, machte er 2023 deutlich. Doch von den Grünen hält Söder bekanntlich nichts.
Auch interessant
Keine Annäherung an die Grünen bei Weidel
Als Annäherung an die Öko-Partei darf auch Weidels überraschende Vorliebe fürs Holzkuscheln keinesfalls verstanden werden. Ihr Kurs bleibt unangetastet radikal. Das Thema Naturschutz könnte dabei in Zukunft aber eine Rolle spielen. Denn die Nähe zur Natur ist für rechte Parteien durchaus ein Thema – schon die NSDAP, entgegen Weidels Aussage keine linke Partei, legten einen Fokus auf die Umwelt und verknüpften deren Schutz mit einem völkischen Heimatbegriff. Dieser und der Schutz der Heimat spielen auch für die AfD eine bedeutende Rolle.
Völkischer Heimatbegriff
Ein „völkischer Heimatbegriff“ meint eine stark ideologisch geprägte Vorstellung von Heimat, die stark von nationalistischen Ansichten geprägt und ethnisch exklusiv ist. Er definiert Heimat nicht nur als Ort, sondern über eine vermeintliche kulturelle, sprachliche oder genetische Homogenität eines „Volkes“. Dieser Begriff wurde insbesondere im Nationalsozialismus verwendet, um Zugehörigkeit und Ausschluss bestimmter Gruppen zu rechtfertigen.
In der Partei dürfte Weidel mit ihrer offen zur Schau getragenen Naturverbundenheit daher nicht anecken. Stören könnte die Radikalen und Radikalsten in der AfD aber die Tatsache, dass die Kanzlerkandidatin zuletzt zunehmend über ihr Privatleben spricht und Details daraus öffentlich macht.
Lesen Sie auch: Alice im Männerland – Weidel, ihre Partnerin und das AfD-Paradoxon
Alice Weidel passt nicht ins rechte Weltbild der AfD
Nicht ins rechte Weltbild passt dabei die Tatsache, dass Weidel mit einer Frau zusammenlebt. Lange weigerte sich die AfD-Chefin, offen über dieses Thema zu sprechen. Zu links-grün schien es, eine lesbische Beziehung öffentlich zur Schau zu stellen. Und das Private sei schließlich privat. Gemeinsame Auftritte? Lange undenkbar.
Doch Weidel scheint ihre Meinung geändert zu haben. Nun bezeichnet Weidel ihrer Partnerin Sarah als ihre „größte Kraftquelle“. Die NZZ schreibt gar von einer „Regenbogenfamilie“, dabei will Weidel doch, darauf besteht sie, nicht queer sein. Wie passt da der Regenbogen, das Symbol der LGBTQ-Bewegung ins Bild?
Weidel scheint ihren Weg zu suchen. Als lesbische Frau in einer Partei, die offen homophob auftritt. Als erfolgreiche Politikerin umgeben von Männern, die Frauen lieber am Herd sehen. Viele Vorgänger Weidels traten irgendwann aus der AfD aus, weil die Partei ihnen zu radikal wurde. Dass Ihr Weg die jetzige Vorsitzende in eine ähnliche Richtung führt, scheint jedoch unwahrscheinlich.