Berlin. AfD-Chefin Alice Weidel trifft auf Musks Plattform X auf den Tech-Milliardär. Ein Gespräch, das auf gegenseitiger Beweihräucherung beruht.

Elon Musk und Alice Weidel haben sich am Donnerstagabend auf der Plattform „X“ zu einem Gespräch online zusammengeschaltet. Der Tech-Milliardär hatte zuletzt mehrfach dazu aufgerufen, die AfD zu wählen. Auf Musks Plattform X diskutierten die beiden seit 19 Uhr deutscher Zeit. Das auf Englisch geführte Audiogespräch konnte von jedem live mitgehört werden. Musk und Weidel waren sich ihrem Sprecher zufolge zuvor nie persönlich begegnet.

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„Gespräch mit dem Spitzenkandidaten für die deutsche Regierung“ wird das Gespräch übertitelt, in dem zu Beginn um die 180.000 Leute beigetreten waren. Mit zweiminütiger Verspätung begann der Tech-Milliardär sein Gespräch, forderte Weidel zunächst auf, den X-Zuhörern die AfD zu erklären.

Diese ergreift sofort die Gelegenheit, gegen die deutsche Politik zu schießen. Amtsinhaber der letzten 25 Jahre hätten Deutschland schlecht regiert. Es folgt ihr übliches Mantra, dass Ex-Kanzlerin Angela Merkel und die Ampel-Regierung das Land ruiniert hätten. Als sie sich an der deutschen Energiepolitik aufreibt, unterbricht Musk sie allerdings: „Ich bin ein großer Fan von Solarenergie“, sagt er Weidel, die mehrfach zu erläutern versucht, warum sie für Atomkraft ist.

Recht gibt ihr der Tech-Milliardär mit Blick auf die Energiepolitik nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs: „Das ist eines der verrücktesten Dinge, die ich je gesehen hab“, sagt Musk. Weidel hatte zuvor infrage gestellt, warum Deutschland nach Kriegsausbruch die Atomkraftwerke abgeschaltet hatte.

Musk und Weidel beweihräuchern sich gegenseitig

Einen gemeinsamen Nenner finden die beiden, als es um die deutsche Bürokratie geht – nicht zu überhören an Weidels Lachen, das ihr immer wieder bestätigend entfährt. „Einen LKW voller Papier“ habe Musk ausfüllen müssen, um sein Tesla-Werk in Grünheide bauen zu können. Sie schneiden ein eigentlich heikles Thema. Denn Weidels AfD hatte damals versucht, den Bau zu verhindern.

Als Weidel erneut versucht, ihr tradiertes AfD-Vokabular zu platzieren, greift Musk erstaunlicherweise erneut ein. Als woke, links und sozialistisch beschreibt Weidel das deutsche Bildungssystem. „Echt?“, stellt Musk infrage. Er hätte die Deutschen Schulen mit ihren Gymnasien immer als gut wahrgenommen.

Die AfD-Kanzlerkandidatin kurz vor ihrem Gespräch mit Elon Musk. Ein Bild wird bei dem Livestream nicht übertragen.
Die AfD-Kanzlerkandidatin kurz vor ihrem Gespräch mit Elon Musk. Ein Bild wird bei dem Livestream nicht übertragen. © AFP | Kay Nietfeld

Abgesehen von vereinzelten Nachfragen und Erwiderungen bleibt das Gespräch allerdings bei gegenseitiger Beweihräucherung. Unzählige Male werden die Aussagen des Gegenübers mit „wow“, „sicher“ oder „absolut“ bestätigt. Mit „verrückt“ oder „lächerlich“ werden die Zustände in den eigenen Ländern beschrieben, insbesondere wenn es um die Verknüpfung der Themen innere Sicherheit und Migration geht.

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Weidel zieht plötzlich Hitler-Vergleich

Als Beispiel dafür, was in den eigenen Ländern angeblich alles schiefläuft, nennt Musk ein Beispiel, dem sich auch schon Donald Trump bedient hatte – und das sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hatte. Es sei in Kalifornien mehr oder weniger legal, Beträge unter 1000 Dollar zu klauen, behauptet Musk. Trotz Gesetzen würden die Delikte nicht geahndet. Tatsächlich aber sind Diebstähle auch in Kalifornien verboten. Bei Beträgen unter 950 Dollar drohen keine Haftstrafen, da sie als Vergehen und nicht als Straftat behandelt werden.

Dann kommen die Gesprächspartner zu einem Themenbereich, zu dem sie sich bereits vorab verabredet hatten – und bei dem sie sich einig sind: einer angeblichen Einschränkung der freien Rede. Und sogleich zieht Weidel einen historischen Vergleich heran, der ihr schnell auf die Füße fallen könnte. Auch Hitler habe als erste Amtshandlung die freie Rede eingeschränkt, sagt sie. Doch von Musk kommt keine Gegenrede. Auch dann nicht, wenn Weidel Hitler als Kommunisten bezeichnet, um sich von ihm abzugrenzen.

Wie das die rund 150 EU-Beamten sehen, die das Geschehen einem Bericht des US-Portals „Politico“ zufolge beobachten? Sie sollen analysieren, inwieweit Musks X-Algorithmen den Livestream weiterleiten. Im Raum stehe der Vorwurf, dass Musk der AfD so einen unfairen Wahlkampfvorteil verschaffe, berichtet das Portal.

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Diskussion verliert sich in metaphysischen Ausführungen: Glaubt Musk an Gott?

Ins Stottern kommt der Tech-Milliardär, als Weidel ihn darauf anspricht, wie Trump den Ukraine-Krieg wie angekündigt in kurzer Zeit beenden möchte. Er könne nicht für Trump sprechen, weicht der künftige Präsidenten-Berater aus – was bei Weidel wie so oft in dieser Unterhaltung auf Verständnis stößt: „Absolut verständlich“, antwortet sie gönnerhaft.

Gegen Ende nimmt das Gespräch eine Dynamik an, bei der vielmehr Weidel die Fragen stellt und Musk antwortet. Es geht um Musks Mars-Ambitionen, die er nach einer Stunde Livestream verhältnismäßig lang ausführt. Der Monolog, angeheizt von einzelnen Fragen, ob Musk an Gott glaube, verliert sich gänzlich in metaphysischen Ausführungen, die die Tragweite des deutschen Wahlkreises sprengen. Am Ende ist es Weidel, die das Gespräch beendet: „Ich wüsste nicht, mit welchem Thema wir weitermachen sollten“, sagt sie – nicht aber ohne die „wunderschönen Worte“ ihres Gesprächspartners in den Himmel zu loben.

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Musk mischte deutschen Wahlkampf auf – und warb für die AfD

Der Tesla-Chef hatte mit Beschimpfungen deutscher Spitzenpolitiker und dem Satz, nur die AfD könne Deutschland retten, große Unruhe in den deutschen Bundestagswahlkampf gebracht. Später bekräftigte er seine Position in einem Text in der „Welt am Sonntag“. Auch in diesem Gespräch sollte Musk seine Wahlempfehlung wiederholen, für die er von anderen Parteien zuvor Kritik einstecken musste.

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) nannte Musks Wahlaufruf für die AfD „übergriffig und anmaßend.“ Kanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte, dass sich der Unternehmer – immerhin voraussichtlich bald Teil der neuen US-Regierung – „für eine in Teilen rechtsextreme Partei“ einsetze, „die die Annäherung an Putins Russland predigt und die transatlantischen Beziehungen schwächen will“.