Berlin. Eine Frau hat Lindner bei einem Wahlkampfauftritt eine Pseudo-Torte ins Gesicht geworfen. Der reagiert sichtlich gelassen – und redet weiter.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ist bei einem Wahlkampfauftritt in Greifswald von einer jungen Frau mit einer Schaumtorte beworfen worden. Sie traf den früheren Finanzminister dabei direkt ins Gesicht. Eine lokale FDP-Sprecherin und Augenzeugin sagte, es habe sich um eine Pseudo-Torte aus Rasierschaum gehandelt, auf der „Aus Liebe zur Freiheit“ stand.

Lindner probierte den Schaum und setzte seine Rede fort. „Es war leider nicht Sahne, sondern nur Seife“, sagte er. „Wenigstens das hätten sie besser machen können, dann hätte ich auch was davon gehabt“, so Lindner weiter, als er sich mit einer Serviette das Gesicht abwischte.

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Bei der Werferin handelt es sich um die Linke-Lokalpolitikerin Christiane Kiesow aus Greifswald.  Sie gehört dem Kreisvorstand Peene-Uecker-Ryck an, der auch die Stadt Greifswald umfasst. Der Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Hennis Herbst, bestätigte auf dpa-Anfrage, dass die junge Frau seiner Partei angehört. Mehrere Mitglieder der Linken-Jugendorganisation hätten vor dem Veranstaltungsort gegen die Politik der FDP demonstriert. Herbst distanzierte sich im Anschluss von der Aktion: „Derartige Aktionen gehören für die Linke MV nicht zur politischen Auseinandersetzung und sind konsequent abzulehnen.“ Gegen die 34-Jährige sei von Amts wegen Anzeige wegen des Verdachts auf Körperverletzung und Beleidigung erstattet worden, sagte ein Sprecher der Polizei.

Ex-Finanzminister Lindner hatte bei der Wahlkreisveranstaltung in Greifswald in einem kleinen Saal vor mehreren Menschen gesprochen. Die Angreiferin wurde von seinen Sicherheitsleuten direkt zu Boden gebracht, wie auf einem dpa-Video zu sehen ist. Zuvor hatte sie „Sehr geehrter Herr Lindner“ gesagt und ihm dann die Pseudo-Torte ins Gesicht geworfen. Lindner selbst schmierte der Frau ein Teil des Schaumes zurück in die Haare. „Nächstes Mal nur bitte was vom Bäcker oder Konditor“, sagte er später der „Bild.“ Der Politiker gehört immer noch zu den besonders geschützten Personen in Deutschland. Die Gefährdungseinschätzung nimmt dabei das Bundeskriminalamt vor, das Personenschützer stellt.

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Nach seinem Auftritt fuhr Lindner nach Rostock, wo er mit nur zehn Minuten Verspätung vor mehreren hundert Menschen bei einer Wahlkampfveranstaltung auftrat. Der 46-Jährige stieg lächelnd aus der schwarzen Limousine und begrüßte die Menschen mit den Worten „Hallo! Wie geht‘s?“. Den Vorfall in Greifswald kommentierte er nur knapp mit einem Satz: „Mich bringt nichts aus der Ruhe.“ Nach seiner Rede ging er zu den Menschen, um Selfies zu machen und mit ihnen zu diskutieren. Eine Gruppe junger Menschen hatte mit Sprechchören gegen die FDP protestiert.

Parteiübergreifend Kritkik an Vorfall

Die FDP-Sprecherin und die Hamburger Landes- und Fraktionsvorsitzenden von CDU und AfD verurteilten die Schaum-Attacke auf den FDP-Chef. „Man schmeißt niemanden eine Torte ins Gesicht. Das ist inakzeptabel“, sagte CDU-Landeschef Dennis Thering der Deutschen Presse-Agentur. „Wer tätliche Angriffe verübt, der verlässt den demokratischen Diskurs und der ist besser hinter schwedischen Gardinen aufgehoben“, sagte der AfD-Landesvorsitzende Dirk Nockemann zu dem Vorfall.

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) verurteilte die Attacke auf Lindner. „Das gibt einen Vorgeschmack darauf, was wir hier möglicherweise in diesem Wahlkampf noch erleben“, sagte der CDU-Vorsitzende bei einer Veranstaltung des Clubs Hamburger Wirtschaftsjournalisten (CHW). Es sei Gott sei Dank nicht mehr passiert. Aber die Bereitschaft zur gewalttätigen politischen Auseinandersetzung scheine in Teilen der Bevölkerung zuzunehmen. „Ich hoffe, dass uns das erspart bleibt.“

Lindner bei Auftritt mit Schaum beworfen
Nach der Wurf-Attacke schmiert der FDP-Politiker der Angreiferin den Schaum in die Haare. © DPA Images | Stefan Sauer

FDP-Generalsekretär Marco Buschmann erinnerte an eine Abmachung vor der Bundestagswahl. „Erst vor wenigen Wochen haben sich die demokratischen Parteien auf ein Fairness-Abkommen für den Wahlkampf verständigt. Heute erleben wir eine körperliche Attacke einer Linken-Lokalpolitikerin auf Christian Lindner“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach verurteilte die Aktion. „Es fängt mit der Torte an und hört mit Steinen oder mit Sprengsätzen auf“, sagte der SPD-Politiker in Köln. „Das dürfen wir nicht akzeptieren. Verrohung des politischen Prozesses beschädigt die Demokratie. Von daher muss das bestraft werden, das ist kein Kavaliersdelikt“, betonte Lauterbach. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schrieb auf der Plattform X: „Tätliche Angriffe jedweder Art haben im Ringen um die besten Lösungen für dieses Land nichts zu suchen!“