Berlin. Noch vor seinem Amtsantritt stellt der künftige US-Präsident Forderungen an die Verbündeten. Die Berliner Politik muss jetzt reagieren.

Es ist ein Schock für alle, die sich noch Illusionen gemacht haben über Donald Trumps Pläne. Sein jüngster Auftritt lässt erahnen: Trump wird als US-Präsident mehr denn je auf größtmöglichen Krawall, Unberechenbarkeit und permanente Provokation setzen. Dass er für den aberwitzigen Anspruch auf Grönland auch einen Militäreinsatz nicht ausschließt, ist eine gefährliche Entgleisung: Wenn sich der nächste US-Präsident nicht mehr an internationales Recht gebunden fühlt, sondern das Recht des Stärkeren preist, darf sich Wladimir Putin in seinem imperialen Großmacht-Wahn bestätigt fühlen. Dafür gehören nun ausgerechnet die engsten Bündnispartner der USA zu den ersten Zielscheiben Trumps: Seine Forderung, Deutschland und die anderen Nato-Staaten müssten ihre Verteidigungsausgaben im Schnitt mehr als verdoppeln, ist eine Kampfansage.

Die Alliierten tun ja hinter den Kulissen seit Monaten alles, um Trump versöhnlich zu stimmen: Die Nato-Staaten werden beim Gipfel im Juni absehbar ein neues Ziel für deutlich höhere Militäraufwendungen festlegen. Doch Trump schlägt das Angebot aus. Bietet die Nato drei Prozent, fordert er eben fünf. Die Berliner Politik reagiert überwiegend so, als müsse sie das nicht ganz ernst nehmen. Irrtum. Sicher, ein gigantisches Fünf-Prozent-Ziel bei den Militärausgaben wird die Allianz so schnell nicht beschließen. Aber: Trump will offenbar gar keine Verständigung, er will die Verbündeten vor sich hertreiben, und er hat die Instrumente dazu.

Christian Kerl, Korrespondent.
Christian Kerl, Korrespondent. © Unbekannt | Privat/Funke-Mediengruppe

Wo das endet, ob die Nato das übersteht, ist völlig offen. Berlin muss auf alles vorbereitet sein. Ob mit oder ohne die USA, selbst im besten Fall kommen auf Deutschland gewaltige Mehrausgaben für Verteidigung zu. Noch weiß niemand, wie sie finanziert werden sollen. Im Bundestagswahlkampf spielt das bisher kaum eine Rolle. Nach Trumps Auftritt sollte sich das schnell ändern. Es ist gut, dass Kanzler Scholz den künftigen US-Präsidenten wegen seiner Grönland-Attacken öffentlich zur Ordnung ruft. Aber Klartext der Politik ist jetzt auch nach innen gefragt: Statt immer neue Wahlversprechen zu machen, die in wenigen Wochen Makulatur sind, müssen die Wahlkämpfer mit den Bürgern endlich über den Ernst der Lage reden.