Washington. Am Montag soll Trumps Präsidentschaft besiegelt werden. Die Sicherheitskräfte sind alarmiert: 2021 kam es zum Sturm aufs Kapitol.

„Sperrgebiet. Nicht betreten – oder verharren.“ Dutzendweise hängen die weißen Warnschilder mit roter Aufschrift an den über 2,50 Meter hohen Zäunen, die schon vor Tagen rund um das Kongressgebäude in Washington gezogen wurden. „Wir haben hier demnächst viel zu tun und wollen natürlich gewährleisten, dass alle sicher sind“, sagt Thomas Manger, Polizeichef des Kapitols. Die Anspannung ist groß.

Der Auftakt ist an diesem Montag. Mit der Auszählung und offiziellen Bestätigung der 312 Wahlmänner-Stimmen im „Electoral College” für Donald Trump im Kongress beginnen in der amerikanischen Hauptstadt 14 sicherheitsintensive Tage, die mit der Amtseinführung des 47. Präsidenten am 20. Januar ihren Höhepunkt erreichen. Vorher noch, am 9. Januar, findet nach zweitägiger Aufbahrung des Sarges im Kapitol und im Beisein von Dutzenden Staatsgästen aus aller Welt die Trauerfeier für den kürzlich verstorbenen Präsidenten Jimmy Carter (100) in der Kathedrale von Washington statt. 

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Läuft alles glatt an diesem Montag, steht der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump nichts mehr im Weg. © Getty Images via AFP | Rebecca Noble

Eigentlich ist die Zertifizierung eines neuen Präsidenten eine reine Formalität – doch das Heimatschutzministerium hat der formalen Beglaubigung des Trump-Sieges zum ersten Mal das Prädikat eines „National Special Security Event” verliehen. Damit gelten rund um das Parlamentsviertel Sicherheitsbestimmungen wie beim „Super Bowl”, dem diesmal am 9. Februar in New Orleans stattfindenden Endspiel um die Football-Meisterschaft. Weil dort ein Massenmord mit 14 Todesopfern durch einen mutmaßlich radikalislamischen Attentäter stattfand, der mit einem Auto in eine Menschenmenge gerast war, haben die Sicherheitsorgane in Washington ihr Konzept erneut auf den Prüfstand gestellt. 

Es sieht umfangreichste Straßensperrungen und Metallsicherheitszäune sowie steinerne Poller rund um das Parlamentsgebäude vor. Neben bewaffneten Hundertschaften der lokalen Polizei, des FBI, des Secret Service und des Heimatschutzes, die teilweise auf „Stand-by” geschaltet werden, kommen Drohnen zum Einsatz, die das weiträumige Areal rund um die Uhr überwachen. 

Dem 119. Kongress, der erst am Freitag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkam, soll definitiv erspart bleiben, was den 118. bis in die Grundfesten erschütterte: Weil Trump seine Niederlage in der Wahl von 2020 gegen Joe Biden nicht akzeptieren wollte, die Legende eines gegen ihn gerichteten Wahlbetrugs strickte und zigtausende Anhänger mit einer Rede aufstachelte, kam das Ritual vor vier Jahren brutal unter die Räder. 

Trump supporters storm Capitol building in Washington
Vor Jahren erschütterte der gewaltsame Sturm der Trump-Anhänger aufs Kapitol die USA. © picture alliance / AA | Tayfun Coskun

Vor der gemeinsamen Sitzung von Senat und Abgeordnetenhaus am 6. Januar 2021, wo die Stimmen des „Electoral College” abschließend ausgezählt werden sollten, stürmten Hunderte gewalttätige Trump-Anhänger das Kapitol. Sie prügelten, bewaffnet mit Fahnenstangen, Baseballschlägern und Elektroschockern, Polizisten windelweich, warfen Scheiben ein, verwüsteten Abgeordnetenbüros und fahndeten mit Tötungsabsichten nach dem damaligen Vizepräsidenten Mike Pence, der sich geweigert hatte, für Trump seinen Amtseid zu brechen.

Die staatsstreichähnlichen Szenen forderten mehrere Todesopfer. Dutzende Abgeordnete fürchteten um ihr Leben. Trump sah dem Treiben im Weißen Haus stundenlang am Fernseher zu und ließ sich erst auf massives Drängen engster Berater darauf ein, den von ihm aufgestachelten Mob in einer kurzen Rede zum Rückzug zu drängen. 

Donald Trump will den 6. Januar 2021 als „Tag der Liebe“ feiern

Bis heute sind über 1000 Randalierer gerichtlich abgeurteilt und zu teils jahrelangen Haftstrafen verurteilt worden, darunter Vertreter rechtsextremistischer Milizen wie der „Proud Boys” und der „Oath Keepers”. Trump hält sie fast ausnahmslos für „Geiseln” des Staates. Er will den 6. Januar 2021 als „Tag der Liebe” in Erinnerung behalten und hat angekündigt, an seinem ersten Arbeitstag seiner zweiten Präsidentschaft von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch zu machen.

Diesmal wird es aus dem Trump-Lager kein Störfeuer geben. Die Demokratin Kamala Harris, die als noch amtierende Vizepräsidentin der Stimmen-Beglaubigung vorsitzen wird, hatte ihre Wahlniederlage zügig eingestanden und der scheidende Präsident Joe Biden einen geordneten Übergang gewährleistet. 

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Anders als 2021, als Trumps haltloser Betrugsvorwurf verfing, glauben heute laut Umfragen sechs von zehn Republikanern, dass es bei Trumps (Wieder-)Wahl im vergangenen November mit rechten Dingen zuging.

Trump vor Amtseinführung: Aktivisten wollen demonstrieren

Eine kleine oppositionelle Bewegung, die sich „14th Now!” nennt, tickt anders. Die Aktivisten, die sich auf den 14. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung berufen, demonstrieren seit Samstag im Umfeld des Kapitols gegen Donald Trump und fordern den Kongress auf, dem Republikaner die Beglaubigung des Wahlsieges zu versagen und Kamala Harris zur Präsidentin zu machen. Sie verweisen darauf, dass die Verfassung sagt, dass es Personen, die „sich an einem Aufstand oder einer Rebellion beteiligt haben“, verboten ist, ein politisches Amt zu bekleiden. Sie machen Trump für die schwarzen Stunden am Kapitol vor vier Jahren verantwortlich, als die US-Demokratie beinahe unter die Räder geriet. 

Die Initiatoren lassen sich nicht davon beeindrucken, dass der Oberste Gerichtshof vor einem Jahr zugunsten von Trump entschieden hatte, dass er mit seinen diversen Einflussversuchen am 6. Januar 2021 nicht gegen die Verfassung verstoßen habe. „Sag Nein zu einem disqualifizierten, verurteilten Aufständischen”, heißt es auf Plakaten der Demonstranten.