Düsseldorf. Seit 30 Jahren warten Pflegedienste auf mehr Geld - und die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. SPD wirft NRW Knauserei vor.
Kurz vor dem 30-jährigen Bestehen der Pflegeversicherung warnt die Opposition im Landtag vor einer Schieflage in der ambulanten Pflege in Nordrhein-Westfalen.
Der Vorwurf: Die Förderung stagniert, die Inflation explodiert
Während die rund 3400 Anbieter ambulanter Pflegeleistungen unter Kostensteigerungen litten, habe das Land die Investitionsförderung für diese Dienste seit ihrer Einführung im Jahr 1996 nicht mehr erhöht. „Diese Förderung stagniert bei 2,15 Euro pro Leistungsstunde, obwohl die Inflation in diesem Zeitraum bei 70 Prozent lag“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Thorsten Klute am Montag. „NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) macht sich an dieser Stelle einen schlanken Fuß und ruht sich aus auf den Leistungen, die vor 30 Jahren eingeführt wurden.“
Mit der Investitionsförderung des Landes können ambulante Pflegedienste zum Beispiel in ihre Gebäude investieren, Geräte anschaffen und ihre Fahrzeuge finanzieren. Stationäre wie ambulante Pflegedienste stehen finanziell seit vielen Jahren unter Druck. Von den Insolvenzen im Jahr 2023 in NRW betrafen nach Angaben der Landesregierung 48 die vollstationäre Pflege, 30 die teilstationäre Pflege, 47 ambulante Dienste und fünf die Kurzzeitpflege. Im ersten Halbjahr 2024 meldeten 20 Pflegeheime und ambulante Dienste eine Insolvenz an.
Das NRW-Gesundheitsministerium wies die Vorwürfe der SPD am Montag zurück. „Das Gesamtvolumen der weitergeführten pauschalen Investitionskostenförderung ambulanter Dienste ist von rund 62,5 Millionen Euro im Jahr 2014 auf rund 90 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen“, sagte ein Sprecher auf Nachfrage dieser Redaktion. In keinem anderen Bundesland gebe es eine so umfangreiche Investitionskostenförderung für ambulante Pflegedienste.
1,4 Millionen Pflegebedürftige und zwei Millionen pflegende Angehörige in NRW
Allerdings sei es wegen der steigenden Zahl der Pflegebedürftigen zwingend notwendig, die Pflege auf Bundesebene zu stärken. „Da die aktuelle Bundesregierung keine nachweisbaren Verbesserungen erreichen konnte, muss die nächste Bundesregierung hier schleunigst handeln und gerade der häuslichen Pflege den Rücken stärken“, so der Sprecher. Es sei dringend erforderlich, den undurchsichtigen „Leistungsdschungel“ in der Pflege zu lichten, damit die Leistungen auch bei denen ankämen, die sie benötigten.
Laut der SPD-Landtagsfraktion steigt die Zahl der Pflegebedürftigen in Nordrhein-Westfalen rasant an: Zwischen 2021 und 2023 habe dieser Anstieg mehr als 16 Prozent betragen, während die ambulanten Dienste in dieser Zeit nur 2,1 Prozent mehr Menschen betreut hätten. In NRW gebe es heute rund 1,4 Millionen Menschen mit Pflegestufe und rund zwei Millionen pflegende Angehörige. Die pflegenden Angehörigen – mehrheitlich Frauen - arbeiteten im Schnitt 49 Stunden in der Woche. Die Fraktion beruft sich auf Daten des Statistischen Landesamtes IT.NRW.
Wie melde ich Ansprüche auf einen Pflegegrad an? Hier die Antwort.
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