Essen. Wenn das Geld nicht reicht, um das Heim zu zahlen, müssen andere einspringen: Was bleibt dem Partner? Müssten Kinder die Kosten tragen?

Das Leben im Heim wird immer teurer. Alles, was nicht von der Pflegekasse übernommen wird, müssen die pflegebedürftigen Menschen aus eigener Tasche bezahlen. Reicht das Geld nicht aus, springen Partner oder Partnerin, die Kinder oder der Sozialstaat ein. Wer zahlt wann?

Wieso ist das Heim überhaupt so teuer?

Die Eigenanteile sind bundesweit enorm gestiegen. Das ist eine Folge von höheren Löhnen in der Pflege und insgesamt gestiegenen Preisen. NRW gehört seit Jahren zu den teuersten Bundesländern. Hauptgrund sind die Personalkosten, die durch eine höhere Fachkraftquote und die höhere Tarifbindung stark zu Buche schlagen. Die Bewohner tragen gestiegene Heizpreise, teurere Lebensmittel und höhere Kosten für die Wäscherei (Unterkunft/Verpflegung). Sie werden an den Kosten der Ausbildung beteiligt (Bundesgesetz) und über eine Umlage an Investitionen beteiligt, die in NRW schneller als anderswo abgeschrieben werden müssen.

Welche grundsätzlichen Hilfen gibt es?

Um die steigenden Eigenanteile abzumildern, hat der Bund gestaffelt nach Aufenthaltsdauer Zuschüsse beschlossen, die die Pflegekassen direkt ans Heim auszahlen. Die Zuschüsse gibt es nur für die Pflegekosten. Unterkunft, Verpflegung und die Investitionskosten müssen Heimbewohnende selbst tragen.

  • 15 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten im ersten Jahr des Aufenthalts
  • 30 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten im zweiten Jahr des Aufenthalts
  • 50 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten im dritten Jahr des Aufenthalts
  • 75 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten ab dem vierten Jahr (mehr als 36 Monate)

Muss mein ganzes Geld ans Pflegeheim gehen?

Um den Eigenanteil zu zahlen, müssen pflegebedürftige Menschen die Rente bis auf ein Taschengeld von 152,01 Euro sowie Vermögenswerte wie Aktien, Gespartes und Eigentum heranziehen. Unangetastet bleibt ein Schonvermögen von 10.000 Euro. Auch Sterbegeldversicherungen sind laut Verbraucherzentrale NRW geschützt.

Wie lange das eigene Vermögen oder die Rente ausreichen, um Heimkosten zu bezahlen, ist von Fall zu Fall verschieden. Fachleute etwa des Pflegeschutzbundes Biva warnen vor Musterrechnungen, da sich Kosten auch unterjährig verändern können.

Bringt eine Pflegezusatzversicherung etwas, um die Eigenanteile abzumildern?

Freiwillige Zusatzversicherungen können die Belastung abmildern. Am Markt gibt es drei Modelle: Pflegetagegeld-, Pflegekosten- und Pflegerentenversicherungen. Die Verbraucherzentrale NRW mahnt eindringlich, genau den Bedarf zu prüfen. Man zahle über viele Jahre durchgehend Beiträge, die regelmäßig steigen könnten. Alternativ könne man frühzeitig Geld anlegen, das dann nicht an den Zweck der Pflegebedürftigkeit gebunden ist.

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Der Mann kommt ins Heim, muss die Frau das gemeinsame Haus verkaufen?

Ehe- und Lebenspartner sind im Sozialhilferecht gegenseitig unterhaltspflichtig. Das heißt: Wenn ein pflegebedürftiger Mensch den Eigenanteil nicht zahlen kann, muss der Partner einspringen. Für den Partner gilt ebenfalls ein Schonvermögen von 10.000 Euro plus Sterbegeldversicherung.

Die eigene Wohnimmobilie zählt auch zum Schonvermögen – so soll die Obdachlosigkeit verhindert werden. Aber: Das Haus muss „angemessen“ sein und vom Partner selbst bewohnt werden. Ob ein Haus als angemessen angesehen wird, richtet sich nach Größe, Ausstattung und Wert. Eine Wohngröße von 80 Quadratmeter etwa gilt als angemessen für eine Person, bei einem Reihenhaus wird die Grenze bei einer Grundstücksgröße von 250 Quadratmetern gesetzt. „Das sind aber immer Einzelfallentscheidungen“, sagt Verena Querling, Pflegeexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW. „Im Prinzip muss ein Haus auch nicht verkauft werden. Einnahmen aus einer Untervermietung könnten Pflegekosten genauso decken.“

Wie viel bleibt dem Partner zum Leben?

Dem daheim lebenden Ehepartner oder Lebenspartner muss nach dem Sozialhilferecht so viel Geld übrigbleiben, dass er seine Kosten weiterhin davon bestreiten kann. Die konkrete Summe unterscheidet sich laut Querling von Fall zu Fall.

Schnell noch das Haus den Kindern überschreiben?

Bevor der Sozialstaat Pflegeheimkosten übernimmt, prüft er genau die Bedürftigkeit eines Menschen und ob der Einsatz von Steuergeld tatsächlich nötig ist. Dazu müssen Kontodaten, Zusatzversicherungen, Bausparverträge und auch Schenkungen von Geldsummen oder Immobilien der vergangenen zehn Jahre offengelegt werden.

Das heißt aber nicht, dass überschriebene Häuser wieder zurückgegeben werden müssen. Laut Verbraucherzentrale NRW geht es vielmehr um den Wert der Schenkung. In der Regel sei dieser höher als die Forderung des Sozialamtes. „Daher muss die Immobilie nicht im Ganzen zurückübertragen werden. Der offene Betrag kann auch monatlich an das Heim gezahlt werden“, so Querling.

„Im Prinzip muss ein Haus auch nicht verkauft werden. Einnahmen aus einer Untervermietung könnten Pflegekosten genauso decken.“

Verena Querling
Pflege-Expertin bei der Verbraucherzentrale NRW

Muss die Oma im Heim das Taschengeld ihrer Enkelin zurückfordern?

Bevor das Sozialamt fürs Heim zahlt, kann es verliehenes und grundsätzlich auch verschenktes Geld des pflegebedürftigen Menschen zurückfordern. 2017 entschied das Landgericht Aachen aber, dass Taschengeld ans Enkelkind davon ausgeschlossen ist (AZ: 3 S 127/16). In dem Fall ging es um monatlich 50 Euro. Anders sieht es etwa aus, wenn jemand Versicherungsbeiträge der Kinder übernimmt - die können im Pflegefall vom Sozialamt zurückgefordert werden, bevor Sozialhilfe gewährt wird (L 7 SO 1320/17).

Wann müssen die Kinder fürs Heim mitzahlen?

Wenn Pflegebedürftige oder der Partner nicht genug Geld haben, prüft die Sozialbehörde Unterhaltsansprüche gegenüber den Kindern. Dabei gilt seit 2020: Wer über ein Einkommen von mehr als 100.000 Euro (brutto) im Jahr verfügt, ist grundsätzlich unterhaltspflichtig. Dabei gilt nur das Einkommen des eigenen Kindes - dessen Ehepartner wird nicht berücksichtigt. Das gesamte Haushaltseinkommen wird aber mitbedacht, wenn die eigentliche Höhe des Elternunterhalts berechnet wird. Standardwerte gibt es nicht - in der Regel werden dazu Fachanwälte hinzugezogen.

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Können sich Kinder dagegen versichern?

Die Verbraucherzentrale NRW rät Menschen mit einem entsprechenden Jahreseinkommen dazu, sich beraten zu lassen, wie hoch eine mögliche Unterhaltspflicht sein wird.

Wann springt der Staat ein?

Der Sozialstaat springt ein, wenn alle anderen Wege ausgeschöpft sind. In NRW gibt es drei Leistungen des Sozialamts:

  1. In NRW beziehen über 300.000 Haushalte Wohngeld – auch Heimbewohner können diesen Zuschuss beantragen. Wohngeld gibt es aber nur für die Mietkosten, die einen Teil der Investitionskosten auf den Heimrechnungen sind. Wohngeld darf man beantragen, wenn man als Ehepaar weniger als 90.000 Euro Vermögen hat.
  2. Einen Schritt weiter geht das Pflegewohngeld, mit dem die gesamten Investitionskosten übernommen werden können (2024 in NRW durchschnittlich 605 Euro). Die konkrete Höhe ist abhängig vom Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen, der mindestens Pflegegrad 2 haben muss. Pflegewohngeld gilt es nur in drei Bundesländern. Berechtigt ist der, dessen Einkommen und Vermögen von unter 10.000 Euro bzw. 15.000 Euro bei Ehepaaren nicht zur Finanzierung der Investitionskosten ausreicht.
  3. Wenn selbst das Pflegewohngeld nicht ausreicht, gibt es noch Hilfe zur Pflege. Anders als Wohn- und Pflegewohngeld ist das eine Form der Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege übernimmt den Eigenanteil, der trotz Wohngelds und Pflegewohngelds noch zu zahlen wäre. Auch hier liegt das Schonvermögen bei 10.000 Euro für eine Person und bei 20.000 Euro für zwei Personen.