Düsseldorf. Viele Eltern kennen das: Den begehrten Kita-Platz gibt‘s nur in Verbindung mit vielen Betreuungsstunden. Das könnte sich ändern.

Weil Eltern von Kita-Kindern in vielen Einrichtungen mehr Betreuungsstunden buchen müssen als von ihnen gewünscht, stellt das NRW-Familienministerium neue Regeln für die Buchungszeiten in Aussicht, womöglich schon im neuen Jahr.

Im Rahmen der anstehenden Novellierung des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) beschäftige sich das Ministerium von NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) unter anderem mit den Betreuungszeiten und Buchungsstrukturen, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage dieser Redaktion. „Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass Eltern nicht immer einen Betreuungsbedarf ihrer Kinder von 45 oder mehr Stunden haben. Daher muss es hier darum gehen, Buchungszeiten so zu steuern, dass sie sich bestmöglich an den Bedarfen der Eltern orientieren“, so der Ministeriums-Sprecher weiter.

Bertelsmann-Expertin: „Viele Eltern benötigen einen deutlich geringeren Buchungsumfang“

Die Kita-Expertin Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann-Stiftung hatte zuletzt bei einer Expertenanhörung im Landtag den Zwang, Kinder möglichst lange betreuen zu lassen, kritisiert: „Das Kita-Finanzierungssystem in NRW ist so gestaltet, dass Eltern in der Regel nur Plätze mit sehr hohen Buchungszeiten zur Verfügung gestellt bekommen. 60 Prozent der Eltern haben einen Platz mit über 45 Stunden. Wir sehen aber, dass viele Eltern in NRW einen deutlich geringeren Buchungsumfang benötigen. Das ist eine Fehlsteuerung“, sagte sie. Aus Daten des Ländermonitors zur frühkindlichen Bildung gehe hervor, dass mehr als die Hälfte der Eltern von unter Dreijährigen mehr als 45 Stunden buchen, obwohl nur vier Prozent diesen Umfang tatsächlich benötigten.

Bock-Famulla, Kathrin 2011 _R8P9629.jpg
Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann-Stiftung hält das Stundenbuchungssystem in NRW-Kitas für eine Fehlsteuerung. © Thomas Kunsch, Neubrandenburg | Thomas Kunsch Neubrandenburg

Die NRW-Landesregierung hält jedenfalls eine „zielgenauere Buchung“ für sinnvoll, auch, um das unter chronischem Personalmangel leidende Kita-System zu entlasten. „Um es verlässlich und stabil zu gestalten, kann es daher durchaus sinnvoll sein, Fachkräfte in Kernzeiten einzusetzen, in denen Kinder und Familien in besonderem Maße auf Betreuung angewiesen sind und insgesamt eine zielgenauere Buchung für die tatsächlichen Bedarfe von Familien in den Blick zu nehmen“, so das Ministerium.

Die Landesregierung stellt in diesem Zusammenhang aber klar: Eine pauschale Absenkung auf 35 Stunden werde es nicht geben. Dieser Hinweis ist wichtig, weil im Frühjahr 2024 Gerüchte kursierten, NRW wolle die 45-Stunden-Option komplett abschaffen.

Neue Personalverordnung

In NRW tobt ein heftiger Streit um die neue Kita-Personalverordnung. Kitas sollen künftig bei Krankheitsausfällen auch dann geöffnet bleiben dürfen, wenn nur noch eine sozialpädagogische Fachkraft für 60 Kinder da ist. Bislang sind zwei Erzieherinnen pro 20-köpfiger Ü3-Gruppe vorgeschrieben. Mit der neuen Regel würde es reichen, wenn Ergänzungskräfte wie Kinderpfleger, Sozialassistenten oder Heilerziehungshelfer einspringen. Unter diesen Not-Bedingungen sollen Kitas einmal im Jahr für höchstens sechs Wochen arbeiten dürfen.

Die vereinfachte Personalverordnung dient laut dem Familienministerium auch dazu, Menschen, die nicht aus den pädagogischen Berufen kommen, zur Unterstützung in Kitas einsetzen zu können. Zu diesen so genannten „profilrelevanten Kräften“ zählen zum Beispiel Musiker, Gärtner und Handwerker. Wenn Kitas diese Menschen einsetzen möchten, dürfen sie dies. Eine pädagogische Weiterbildung dieser Berufstätigen wird aber vorausgesetzt. Vereinfacht wird darüber hinaus der Einsatz von Studierenden, Auszubildenden und von ausländischen Fachkräften. 

Daniela Heimann, Sprecherin des Landeselternbeirates in NRW, begrüßt die neue Diskussion über die Stunden-Buchung. „Wir hören oft Beschwerden, insbesondere von Eltern von unter Dreijährigen, die von den Einrichtungen zur Buchung hoher Stundenzahlen gedrängt werden. Offenbar verleitet die Finanzierung der Kitas zu dieser Fehlsteuerung bei den Stunden. Wir plädieren für die Einführung von Fünf-Stunden-Buchungsschritten.“ Bislang können Eltern in NRW oft nur zwischen 25, 35 und 45 Stunden Betreuung wählen.

Mehr zum Thema