Düsseldorf. Der Widerstand gegen die gelockerten Kita-Personalvorgaben nimmt zu. Die NRW-Regierung erklärt jetzt, warum sie dennoch daran festhält.

NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) hat sich am Donnerstag erstmals im Parlament zur Empörungswelle gegen ihre neue Kita-Personalverordnung geäußert und ihre Pläne verteidigt.

„Wir eröffnen den Kitas mit der Personalverantwortung Möglichkeiten. Von ihnen kann man Gebrauch machen, muss es aber nicht. Wir sind in einer Situation der Krankheitswellen und des Fachkraftmangels, stehen aber in der Verantwortung, dass Kinder und Eltern nicht ständig vor verschlossenen Türen stehen“, sagte Paul im Familienausschuss des Landtags.

Ergänzungskräfte statt Erzieher - Kann das gutgehen?

Die schwarz-grüne Landesregierung hatte in der vergangenen Woche eine Lockerung der Personalvorschriften für Kita-Gruppen mit über Dreijährigen angekündigt. Damit will man auf die zuletzt gestiegenen Meldungen von Notbetreuung und Gruppenschließungen reagieren. Kitas sollen künftig bei Krankheitsausfällen auch dann geöffnet bleiben dürfen, wenn nur noch eine sozialpädagogische Fachkraft für 60 Kinder da ist. Bislang sind zwei Erzieherinnen pro 20-köpfiger Ü3-Gruppe vorgeschrieben. Mit der neuen Regel würde es reichen, wenn Ergänzungskräfte wie Kinderpfleger, Sozialassistenten oder Heilerziehungshelfer einspringen. Unter diesen Not-Bedingungen sollen Kitas einmal im Jahr für höchstens sechs Wochen arbeiten dürfen.

Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest - Josefine Paul
„Wir reden über Notlösungen für akute Notsituationen, nicht über Dauerlösungen“: NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) verteidigt die neue Personalverordnung. © DPA Images | Rolf Vennenbernd

Paul betonte, dass diese neuen Regeln mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den Kita-Trägern der Freien Wohlfahrtspflege einvernehmlich abgestimmt worden seien. Die Personalverordnung ermögliche einen flexibleren, aber zeitlich begrenzten Personaleinsatz und sei insgesamt besser verständlich als die alte. Auch der Landeselternbeirat hatte sich positiv zu den Veränderungen geäußert. Die Personalverordnung schreibt vor, welches Kita-Personal an welcher Stelle eingesetzt werden kann.

Wichtige Details der Personalverordnung

Die vereinfachte Personalverordnung dient laut dem Familienministerium auch dazu, Menschen, die nicht aus den pädagogischen Berufen kommen, zur Unterstützung in Kitas einsetzen zu können. Zu diesen so genannten „profilrelevanten Kräften“ zählen zum Beispiel Musiker, Gärtner und Handwerker. Wenn Kitas diese Menschen einsetzen möchten, dürfen sie dies. Eine pädagogische Weiterbildung dieser Berufstätigen wird aber vorausgesetzt. Vereinfacht wird darüber hinaus der Einsatz von Studierenden, Auszubildenden und von ausländischen Fachkräften. 

„Nur in akuten Notfällen“: Ministerin hält Lockerungen für verantwortbar

„Wir reden über Notlösungen für akute Notsituationen, nicht über Dauerlösungen. Sie sind ein Angebot, das von den Kitas nicht angenommen werden muss, falls keine Notsituation vorliegt“, so Paul. Außerdem müsse das Landesjugendamt im Einzelfall immer den Personalmaßnahmen zustimmen.

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„Jede Gruppe von 20 Kindern wird von mindestens zwei pädagogischen Fachkräften betreut. Neu ist, dass wir den ausgebildeten Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern mehr Einsatzmöglichkeiten in akuten Notsituationen geben. Wenn die Kita eine kurzfristige Schließung vermeiden möchte und das Landesjugendamt den Antrag bewilligt, kann in akuten Notfällen für höchstens sechs Wochen eine Fachkraft für eine Erzieherin einspringen. Für 60 Kinder ist also nie nur ein Person verantwortlich. In jeder Gruppe bleiben weiter zwei qualifizierte Kräfte“, so Paul.

Breite Protestwelle: Petitionen erfahren viel Zuspruch, Gewerkschaften sind erzürnt

Gegen die neue Personalverordnung laufen mehrere Online-Protest-Petitionen mit inzwischen mehr als 100.000 Unterschriften. Die SPD-Opposition sowie die Gewerkschaften VBE, GEW und Komba äußern ebenfalls harsche Kritik.

Komba-Landesvorsitzende: „Die neue Personalverordnung ist eine absolute Katastrophe“

„Die neue Personalverordnung ist eine absolute Katastrophe für Fachkräfte und Kinder. Die Landesregierung nimmt damit massive Qualitätsverluste, drastische Verschärfungen des Fachkräftemangels und eine weitere Abwanderung der Erzieherinnen und Erzieher billigend in Kauf. Das hat nichts mit hochwertiger frühkindlicher Bildung oder Kindesschutz zu tun“, betont Sandra van Heemskerk, NRW- Landesvorsitzende der Gewerkschaft Komba, in einer Mitteilung.

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