Berlin. Deutschen Unternehmen aus dem Tief zu helfen, ist das Top-Thema im Wahlkampf. Die Lösungen der Parteien unterscheiden sich zum Teil dramatisch.

Deutschlands Wirtschaft steckt in der Krise. Hohe Energiepreise, ein im Vergleich hohes Niveau an Steuer- und Sozialabgaben sowie eine aus Sicht vieler Firmen überbordende Bürokratie und zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren belasten den deutschen Standort. Für 2024 wird eine Stagnation der Wirtschaftsleistung erwartet, für 2025 nur ein Mini-Wachstum. Wie die Parteien die Wirtschaft wieder auf Kurs bringen wollen. Ein Überblick.

Auto-Krise und Industrieflaute: Was auf die Wirtschaft 2025 zukommt

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    SPD: Deutschlandfonds und ein „Made in Germany“-Bonus

    Die SPD will die deutsche Wirtschaft durch Investitionen in Zukunftstechnologien und sozial gerechte Maßnahmen wieder auf Kurs bringen. Ein zentrales Instrument ist der Deutschlandfonds, der mit bis zu 100 Milliarden Euro ausgestattet werden soll, um Innovationen in Bereichen wie Klimaschutz, Digitalisierung und Infrastruktur zu fördern. Der Fonds soll sowohl öffentliche als auch private Mittel mobilisieren und nachhaltige Arbeitsplätze schaffen.

    Bundeskanzler Scholz besucht die AWO Mittelrhein
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Made in Germany“-Bonus und Steuererleichterungen. © DPA Images | Martin Meissner

    Ein weiteres konkretes Beispiel ist der „Made in Germany“-Bonus, der Unternehmen, die in grüne Technologien und nachhaltige Produktionsmethoden investieren, steuerliche Anreize bietet. Dies soll den Strukturwandel vorantreiben und die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Laut Wahlprogramm will die SPD mit dieser Maßnahme Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Euro jährlich anstoßen.

    Zudem plant die SPD Steuererleichterungen für kleine und mittelständische Unternehmen. Die Körperschaftsteuer soll gesenkt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Investitionen zu fördern. In ihrem Programm heißt es: „Wir wollen die Entlastung des Mittelstands als Motor des Wirtschaftswachstums vorantreiben.“ Diese Maßnahmen sollen die Wirtschaft langfristig stabilisieren und die Grundlage für zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen.

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    Union: Soli komplett abschaffen, Gastro-Mehrwertsteuer reduzieren

    Die Union verfolgt drei zentrale Ziele, um die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen: Steuererleichterungen, Bürokratieabbau und die Förderung von Investitionen in zukunftsfähige Technologien. Konkret plant die Union, den Rest-Solidaritätszuschlag für alle Steuerzahler abzuschaffen, was insbesondere den Mittelstand und die Bürger entlastet. Die Abschaffung des Solis würde jährlich etwa zehn Milliarden Euro an Entlastung bringen und die Kaufkraft stärken.

    Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz
    Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz will unter anderem Steuersenkungen für die Gastronomie. © DPA Images | Michael Kappeler

    Ein weiteres Beispiel ist die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie. CDU und CSU fordern, die reduzierte Mehrwertsteuer von sieben Prozent auf Lebensmittel in der Gastronomie dauerhaft beizubehalten, um die Branche nach der Corona-Krise zu stützen und Arbeitsplätze zu sichern. Dies würde den Gastronomen jährlich etwa zwei Milliarden Euro an Entlastungen bringen.

    Zudem will die Union Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur anregen, indem die Unternehmen steuerliche Anreize erhalten und die Bürokratie reduziert wird. Laut ihrem Wahlprogramm möchte die Union die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durch diese Maßnahmen langfristig sichern: „Mit einer starken Wirtschaft schaffen wir Wohlstand und sichere Arbeitsplätze für alle.“ Grundsätzlich strebt die Union ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent an. Wie man das erreichen will, erläuterten CDU/CSU zuletzt auch in einer neuen „Agenda 2030“.

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    Grüne: Zehn Prozent auf alles und ein Deutschlandfonds

    „Zusammen wachsen“, so steht es weiß und gelb auf grünem Grund im „Regierungsprogramm“ der Grünen. Die Wirtschaft steht dabei im Vordergrund, gleich im ersten Kapitel geht es um die Frage, wie Deutschland aus der Krise kommt. Unter anderem schlägt die Partei eine auf fünf Jahre befristete, unbürokratische Investitionsprämie von zehn Prozent vor. Gelten soll der Bonus für alle Unternehmen und alle Investitionen mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen.

    Vorstellung der Herbstprojektion 2024 der Bundesregierung
    Robert Habeck und die Grünen wollen die Wirtschaft mit verschiedenen Ideen wieder flottmachen. © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

    Eine weitere zentrale Forderung ist der Deutschlandfonds. Die Bahn, Kitas und Schulen sollen daraus saniert werden. Auf einen konkreten Betrag legen sich die Grünen nicht fest, der Investitionsbedarf liege aber im dreistelligen Milliardenbereich. Die Schuldenbremse soll reformiert werden. Zur Finanzierung sind aber auch neue Steuern denkbar: eine globale Milliardärsteuer, eine fairere Erbschaftsteuer oder auch eine nationale Vermögensteuer seien Möglichkeiten. „Wir wollen die Ziele Gerechtigkeit, Gemeinwohlfinanzierung und den Erhalt von Betrieben, ihren Investitionsmöglichkeiten und ihren Arbeitsplätzen zusammenbringen“, so die Grünen in ihrem Programm.

    FDP: Bürokratie-Moratorium und Easy-Tax

    Christian Lindner und die FDP setzen auf Entbürokratisierung, Steuersenkungen und Technologieoffenheit, um die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Ein zentrales Element ist die Einführung von Easy-Tax, einem vereinfachten Steuersystem, das insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen entlasten soll. Hierbei soll die Steuererklärung durch ein digitales System automatisiert und vereinfacht werden, um jährlich sechs Milliarden Euro an Bürokratiekosten einzusparen.

    Wahlkampf FDP - Rostock
    Die FDP um Christian Lindner gilt seit jeher als wirtschaftsfreundlich. © DPA Images | Bernd Wüstneck

    Ein weiteres zentrales Vorhaben ist das Bürokratie-Moratorium, das eine umfassende Stoppregelung für neue bürokratische Anforderungen für mindestens zwei Jahre vorsieht, um Unternehmen von zusätzlichen Kosten zu entlasten. Zudem betont die FDP die Technologieoffenheit, um Innovationen zu fördern, etwa durch steuerliche Anreize für Investitionen in KI und Green-Tech, anstatt einzelne Technologien vorzuziehen. Diese Maßnahmen sollen die Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsbereitschaft in Deutschland nachhaltig steigern.

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    AfD: Weniger Bürokratie, weniger Subventionen und Steuerreduzierungen

    Die AfD will deregulieren. Zentrale Forderungen sind die Senkung von Steuern und Abgaben sowie die Reduzierung des Bürokratieaufwands. Zudem fordert die Partei eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine deutliche Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge, um die Lohnnebenkosten zu senken. Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie soll auf einheitlich sieben Prozent abgesenkt werden. Luftverkehr- und Ticketsteuern will man abschaffen.

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    Die AfD betont vor allem die Bedeutung einer starken nationalen Wirtschaft und fordert eine Begrenzung der Bürokratie sowie eine Rückführung von EU-Regulierungen, um den deutschen Wirtschaftsstandort zu stärken. Die Subvention von bestimmten Technologien sieht die Partei kritisch. „Die staatliche Planung versagt regelmäßig gegenüber dem Markt und schadet unserer Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit“, steht im Programm. Lediglich „Techniken, welche der strategischen Unabhängigkeit dienen, sollen vom Staat direkt finanziert werden“. Den Euro als europäische Gemeinschaftswährung will man wieder abschaffen.

    Linke: Keine Milliardäre mehr, Privatjets verbieten, die Industrie umbauen

    „Reichtum teilen, Preise senken“ sind erste Worte des Linken-Programms zur Bundestagswahl. Man wolle verändern. Milliardäre sollte es gar nicht geben. Die Partei fordert deshalb die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine gesonderte Milliardärsteuer. Privatjets und Megayachten mit mehr als 60 Meter Schiffslänge sollen verboten werden. Neue Flughafenkapazitäten hält die Linke für unnötig.

    Grundsätzlich will die Partei einen Umbau der Wirtschaft, „der Arbeitsplätze schützt und nicht Profite“. Steuersenkungen und Deregulierungen hält man dabei aber nicht für das richtige Rezept. Die Grenzen des fossilen Kapitalismus seien erreicht, heißt es. Die Industrie müsse sozialökologisch umgebaut werden. Dafür seien rund 200 Milliarden Euro nötig. „Das Geld fließt in einen Investitionsfonds, aus dem Unternehmen entweder durch langfristige Kredite oder im Austausch zu Gesellschaftsanteilen beim klimagerechten Umbau unterstützt werden“, so die Linke. Grundsätzlich gelte: kein Steuergeld ohne Gegenleistung. Staatliche Gelder sollen an langfristige Garantien von Arbeitsplätzen, Tarifverträge und verbindliche Investitionspläne gebunden werden.

    BSW: Deutschland runderneuern, Verbrenner-Aus zurücknehmen

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) will Deutschland „generalüberholen“ und „runderneuern“. Deutschland brauche eine 180-Grad-Wende in der Wirtschafts- und Energiepolitik, heißt es in dem Kurzwahlprogramm der Partei. Bei der Energie will das BSW deshalb wieder zurück zu „langfristigen Verträgen zu Energieimporten, die sich am Kriterium des niedrigsten Preises orientieren“. Man spricht sich dafür aus, den Ausbau der Energienetze in staatliche Hand zu geben. Netzenzgelte, die jetzt den „Netzbetreibern hohe Kapitalrenditen“ garantierten, werde man abschaffen, den „Irrweg“ CO2-Abgabe verlassen.

    BSW stellt Landesliste für Nordrhein-Westfalen auf
    BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht will Deutschland „generalüberholen“. Das betrifft auch die Wirtschaft. © picture alliance/dpa | Fabian Strauch

    Wieder zurückdrehen will die Partei auch das von der EU beschlossene Verbrennerverbot, auch das Heizungsgesetz der Ampel will das BSW entsorgen. Dazu spricht man sich für einen „Bürokratieabbau-Turbo“ aus und will eine große Steuerreform, die bis „weit in die Mitte“ entlaste. Die Vermögensteuer soll wieder erhoben werden.