Magdeburg/Berlin. Die Aufarbeitung der Ereignisse in Magdeburg läuft, sowohl im Großen als auch im Kleinen. Ein Notfallseelsorger war vor Ort und berichtet.
Die Todesfahrt in Magdeburg hat mindestens fünf Menschen das Leben gekostet, zahlreiche weitere wurden verletzt. Aber auch Augenzeugen und Angehörige – wenn auch nicht körperlich verletzt – benötigen Versorgung. Notfallseelsorger leisten Beistand als Gesprächspartner, um die dramatischen Ereignisse verarbeiten zu können.
Ein Notfallseelsorger, der am Freitagabend in einer Magdeburger Klinik geholfen hat, schilderte seine Eindrücke. Er habe aus den Nachrichten und von einer Kollegin von dem mutmaßlichen Anschlag erfahren. „Ich hatte das Gefühl, dass ich helfen will.“ Er fuhr gegen 21.30 Uhr in die Klinik, um mit Angehörigen und den eigenen Mitarbeitenden zu sprechen. Die Situation sei zwar hektisch, aber dennoch „unglaublich professionell“ gewesen. Er und sein Team hätten versucht, Ruhe reinzubringen. Was dabei nicht geholfen habe, seien die immer neuen Gerüchte und „Halbwahrheiten“ in Whatsapp-Gruppen gewesen. „Ich wurde irgendwann fast wütend.“ Gerüchte über Schüsse in Magdeburg bewahrheiten sich zum Glück nicht.
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Der Anschlag habe die Magdeburger mitgenommen. Die Angst vor der Angst sei die größte Herausforderung gewesen. „Menschen haben mir gesagt, dass sie das Gefühl haben, etwas verloren zu haben, ihre Freiheit. Jeder sucht nach Antworten auf die Frage nach dem Warum.“
Dem Seelsorger ist es aber auch wichtig, neben dem Schrecken die Solidarität zu betonen: „Es war schön zu sehen, wie viele da waren, um zu helfen. Das war rührend. Patienten, die eigentlich erst am nächsten Tag entlassen werden sollten, haben ihre Betten angeboten.“ Gleichzeitig sei in der Klinik natürlich auch der Alltag weitergegangen. Zum Beispiel wartete ein Ehemann darauf, zu seiner schwangeren Frau in den Kreißsaal gebracht zu werden.
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Kurz nach Mitternacht sei die meiste Arbeit erledigt gewesen. Dann kehrte in dem Krankenhaus – vorerst – Ruhe ein. „Wir vermuten, das kommt erst noch in den nächsten Tagen.“ Am Montag werde sich auch das Klinikpersonal die Zeit nehmen, das Erlebte zu verarbeiten.
Die psychosoziale Notfallhilfe des Uniklinikums Magdeburg ist unter der Telefonnummer 0391/67 25380 erreichbar.