Düsseldorf. Es gibt neue Hinweise auf Kommunikationspannen nach dem Attentat. Die Opposition wittert Belege für Behördenversagen.
Die Opposition erhöht nach einem weiteren Medienbericht über „Kommunikationspannen“ der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Terroranschlag von Solingen den Druck auf NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) und NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).
Die SPD-Landtagsfraktion hat dazu eine Aktuelle Viertelstunde für die nächste Sitzung des Integrationsausschusses am 30. Oktober beantragt und den Innenminister aufgefordert, unverzüglich Aufschluss über so genannte „WE-Meldungen“ (Wichtiges Ereignis“) in Bezug zum Solingen-Anschlag am Freitag, 23. August, zu geben.
Das LKA bittet um Recherchehilfe, soll aber den Solingen-Bezug verschwiegen haben
Anlass ist ein Bericht des „Spiegel“ über neue Hinweise darauf, dass dem Ministerium von Josefine Paul schon früher Details zum Täter von Solingen – dem Syrer Issa Al H. -- vorgelegen haben sollen als bisher bekannt. Die Ministerin hatte zuvor erklärt, dass sie erst am Sonntag, 25. August, sicher gewusst habe, dass es sich bei dem Attentäter von Solingen um Issa Al H. handele und dass ihr Haus – wegen der gescheiterten Abschiebung des Syrers – für die Aufklärung des Falls mit zuständig sei. Zu dieser Aussage steht Paul weiter.
Sie räumt aber ein, dass ihr Ministerium schon am späten Samstagnachmittag vom Landeskriminalamt (LKA) darum gebeten worden sei, die Asyl-Akte von Issa Al H. beim Bundesamt BAMF anzufordern. Das LKA habe dabei aber nicht auf den Zusammenhang mit dem Anschlag von Solingen hingewiesen. Diese Information habe das LKA erst am Sonntagvormittag weitergegeben.
Anfrage des LKA erreichte mehrere Ebenen im Integrationsministerium
Der „Spiegel“ dreht diese Geschichte weiter: Er beruft sich auf Informationen des Anwalts jenes Referatsleiters, der sich damals im Integrationsministerium um die LKA-Anfrage kümmerte. Demnach soll der Referatsleiter umgehend einen Vorgesetzten unterrichtet haben, der anschließend intensiv die gescheiterte Abschiebung des Syrers recherchiert haben soll. Die Frage steht also im Raum, ob der Bezug zu Solingen nicht doch schon am Samstag offensichtlich war und ob die Ministerin, die sich an jenem Wochenende dienstlich in Frankreich aufhielt, informiert wurde.
Laut dem Ministerium führen diese Spekulationen ins Leere: „Gesicherte Informationen, dass es sich um einen Tatverdacht im Zusammenhang mit dem Terror in Solingen handelte, gab es am Samstagabend nicht“, teilt es dieser Redaktion auf Nachfrage mit.
SPD kritisiert „Salamitaktik“ der Ministerin: Infos immer nur scheibchenweise
Laut SPD-Landtagsfraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat erschüttern diese Enthüllungen erneut Josefine Pauls Glaubwürdigkeit. Die neuen Erkenntnisse ließen im Grunde nur zwei Schlussfolgerungen zu: „Entweder, Ministerin Paul hat Fehler in der Meldekette Ihres Ministeriums bisher verschwiegen, oder die Ministerin wusste deutlich früher nach dem Anschlag, dass ihr Verantwortungsbereich betroffen ist und hat folglich nicht reagiert.“ Die Ministerin setze auf Salamitaktik: „Nur Stück für Stück kommt die Wahrheit ans Licht.“