Berlin. Stein, West, Oliver: Kaum jemand kennt diese Namen. Sie wollen US-Präsident werden – und können Trump und Harris gefährlich werden.
- Kaum jemand kennt Jill Stein von der Green Party
- Doch sie trat bei der US-Wahl an – neben zahlreichen anderen unabhängigen Kandidaten
- Sie hatte kaum Chancen, doch könnte Harris geschadet haben
Jill Stein hätte die nächste Präsidentin der USA werden können – zumindest theoretisch. Denn die studierte Physikerin von der US-amerikanischen Green Party steht in 37 US-Bundesstaaten auf dem Wahlzettel. Sie ist eine von mehreren Kandidaten, die sich auf das Amt des US-Präsidenten bewerben. Was bei der US-Wahl häufig vergessen wird: In den meisten Bundesstaaten stehen nicht nur die Kandidaten von Demokraten und Republikanern zur Wahl, sondern auch unabhängige Bewerber und Vertreter von Nischenparteien.
Eine echte Chance, die Wahl zu gewinnen, haben sie meist nicht. Doch sie könnten Kamala Harris und Donald Trump in einigen Swing States wichtige Stimmen gekostet haben. Dass sich die Wahlzettel und Kandidaten von Bundesstaat zu Bundesstaat unterscheiden, ist der US-amerikanischen Verfassung geschuldet. Sie legt fest, dass die Bundesstaaten für den technischen Ablauf der Wahl verantwortlich sind. Um auf dem Wahlzettel zu erscheinen, müssen Bewerber in unterschiedlichen Bundesstaaten unterschiedliche Hürden überwinden. Kaum einem gelingt das überall. So stehen nur Trump (Republikaner) und Harris (Demokraten) in allen Bundesstaaten zur Wahl.
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Jill Stein: Green-Party-Bewerberin kostete Hillary Clinton bereits Stimmen
Jill Stein hat es immerhin in 37 Bundesstaaten auf den Wahlzettel geschafft. In einigen Staaten bestand zudem die Möglichkeit, ihren Namen händisch auf den Wahlzettel zu schreiben. Stein versuchte nicht zum ersten Mal, US-Präsidentin zu werden. Sie stand bereits 2012 und 2016 auf dem Wahlzettel. Nun trat sie ein drittes Mal für die Green Party an. Sie tritt für neue Grundrechte ein, die ein Recht auf Arbeit, Gesundheitsversorgung, Unterkunft, Lebensmittel und Bildung einschließen sollen. Daneben sind Klimawandel und Klimaschutz ihre Hauptanliegen. Als Progressive ist sie zudem für ein Recht auf Abtreibung und macht sich gegen die Diskriminierung von Minderheiten und für die Rechte von Transmenschen stark.
2016 wurde sie von rund 1,4 Millionen Wählerinnen und Wählern gewählt. Kritiker warfen ihr vor, Hillary Clinton und die Demokraten in umkämpften Staaten Stimmen gekostet zu haben. Und das könnte sich bei der US-Wahl 2024 wiederholt haben. Denn Stein trat auch in den meisten Swing States an, etwa Pennsylvania oder Michigan.
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Cornel West: Schwarzer Intellektueller gegen Establishment der Demokraten
Als der Bürgerrechtsaktivist und Philosophie-Professor Cornel West seine Kandidatur bekannt gab, waren sich einige Beobachter sicher, dass er Kamala Harris bei Schwarzen US-Bürgerinnen und Bürgern wichtige Stimmen abnehmen könnte. West ist ein Alt-Linker und Intellektueller, der sich vor allem für die Emanzipation der Schwarzen Bevölkerung und gegen ökonomische Ungleichheit starkmacht.
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Vom Marxismus geprägt, schreckt er nicht davor zurück, auch Politiker der linken Mitte zu attackieren. Er kritisierte vehement die Präsidentschaft von Barack Obama und unterstütze 2016 Bernie Sanders als Präsidentschaftskandidaten der Demokraten. West stand in 15 Bundesstaaten auf dem Wahlzettel, darunter auch die Swing States North Carolina und Michigan.
Chase Oliver: der Libertäre, der Trump herausfordert
Unabhängige Bewerber gibt es allerdings auch im rechten politischen Spektrum: Chase Oliver trat für Amerikas Libertarian Party an. Und er hat es in beinahe allen 50 US-Bundesstaaten auf den Wahlzettel geschafft. In Illinois und Tennessee konnte man seinen Namen auf den Wahlzettel schreiben, lediglich im Bundesstaat New York stand Oliver nicht zur Wahl.
Die Libertären stehen dem Staat und seinen Institutionen traditionell kritisch gegenüber und wollen so wenig staatliche Regulierung wie möglich. Sie befürworten etwa ein extrem liberales Waffenrecht. Oliver fordert zudem die Abschaffung der US-amerikanischen Zentralbank. Chancen auf einen echten Wahlerfolg hatte er nicht, allerdings könnte seine Kandidatur Trump ein paar Wählerstimmen gekostet haben – auch in den Swing States.
Robert Kennedy Jr.: Sein Rückzug kommt in einigen Swing States zu spät
Auch Robert Kennedy Jr. hätte noch zum Problem für Trump werden können. Der Neffe des einstigen US-Präsidenten John F. Kennedy ist spätestens seit der Corona-Pandemie vielen US-Amerikanern bekannt. Dort machte er als Impfgegner mit Verschwörungserzählungen auf sich aufmerksam. Kennedy sorgte auch im Wahlkampf immer wieder für kuriose Auftritte und Schlagzeilen, unter anderem wurde bekannt, dass er 2014 einen toten Bären im New Yorker Central Park ablegte.
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Kennedy ist dem Verschwörungstheoretiker-Milieu zuzuordnen. Als solcher versammelte er vor allem Wähler hinter sich, die dem politischen Betrieb in Washington D.C. skeptisch gegenüberstehen. Darunter auch klassische Trump-Wähler. Entsprechend lange war Trump nervös und ungehalten angesichts Kennedys Kandidatur.
Kennedy gab jedoch im August seine Kampagne auf und unterstützte Trump. Was der Ex-Präsident ihm im Gegenzug anbot, ist nicht bekannt. Allerdings war Kennedy da bereits in Dutzenden US-Bundesstaaten als Präsidentschaftskandidat zugelassen. Zwar gab Kennedy mit dem Ende seiner Kandidatur bekannt, sich aus den Swing States zurückzuziehen, doch das gelang nicht mehr überall. So stand er nun in den umkämpften Bundesstaaten Wisconsin und Michigan immer noch auf dem Wahlzettel.
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Stein, West, Oliver, Kennedy: Sie sind die prominentesten Kandidaten neben Kamala Harris und Donald Trump, aber bei Weitem nicht die einzigen. Mehr als ein Dutzend Bewerberinnen und Bewerber hatten sich in mindestens einem US-Bundesstaat qualifiziert und standen auf dem Wahlzettel. Darunter sind Evangelikale, Konservative, Marxisten und sogar ein Performance-Künstler. Eine Chance auf das Präsidentenamt hatten sie nicht, aber sie erinnern daran, dass das Zwei-Parteien-System in den USA nicht alternativlos ist.
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