Berlin. Robert Habeck spricht im FUNKE Podcast über die schwerste Entscheidung seines Lebens – und seine „Seelenverwandtschaft“ mit Selenskyj.

  • Im neuen FUNKE-Podcast „Meine schwerste Entscheidung“ sprechen deutsche Top-Politiker über prägende Momente ihrer Laufbahn
  • In der ersten Folge zu Gast: Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
  • Seine schwerste Entscheidung betrifft den Ukraine-Krieg

Jeden Tag treffen Politikerinnen und Politiker Entscheidungen. Manche davon prägen den Alltag der Wählerinnen und Wähler, andere gehen in die Geschichtsbücher ein, und über einige denken die Spitzenpolitiker auch noch Jahre später nach. Für Vizekanzler Robert Habeck ist seine Forderung nach Waffenlieferungen an die Ukraine noch vor dem russischen Überfall im Februar 2022 die prägendste politische Entscheidung seines Lebens: „Ich habe eigentlich immer mit der Position gehadert, wir liefern keine Waffen in Kriegsgebiete“, sagte der Grünen-Politiker im Podcast „Meine schwerste Entscheidung“ der FUNKE MEDIENGRUPPE.

Bei einem Besuch an der Front im Donbass im Mai 2021 habe er aber erkannt, dass er diese Position nicht länger mit seinem Gewissen vereinbaren könne. Das Grundsatzprogramm der Grünen schließt Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete dagegen noch heute aus.

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Er habe bei dem Frontbesuch gemerkt, dass er an der Grenze der Unaufrichtigkeit agiert hätte, wenn die Ukraine im Kampf gegen Russland nicht angemessen unterstützt würde, so Habeck im Podcast. „Und dann habe ich sehr lange überlegt, ob ich aussprechen sollte, was ich richtig fand.“ Die späten Waffenlieferungen sieht er als Versagen des Westens: „Wir haben einen Fehler gemacht“, so Habeck. „Das ist ja offensichtlich. Die Geschichte hat uns auf die harte Tour eines Besseren belehrt.“

In dem neuen Podcast-Format „Meine schwerste Entscheidung“ sprechen Deutschlands bekannteste Politikerinnen und Politiker über die Schlüsselmomente ihrer politischen Biografie.

Robert Habeck sieht „eine Art Seelenverwandtschaft“ zu Selenskyj

Mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verbindet Habeck, wie er in dem Podcast berichtet, ein besonderes Verhältnis. Nach seinem Amtsantritt 2019 sei Selenskyj gesehen worden als „ein Komiker, der jetzt auf einmal Präsident“ werde. „Und ich habe das von Anfang an anders erlebt“, sagte Habeck: „Ich hatte das Gefühl, wir haben, wie sagt man, die gleiche Wellenlänge miteinander.“ Habeck fügte hinzu: „Ich bin ja auch stolzer Kinderbuchautor.“ Vielleicht gebe es „eine Art Seelenverwandtschaft“, wenn man aus anderen Berufen in die Politik gehe. „Ich habe jedenfalls einen Mann erlebt, der voller innerer Überzeugung und voller Enthusiasmus geradezu war, sein Land jetzt zu einem modernen Land in Europa zu machen.“

Habeck hob Selenskyjs Mitgefühl hervor. Selenskyj sei „so emotional, wenn er in Kellern steht, wo Leute gefoltert wurden“. Dann breche ihm die Stimme. „Und wenn er den Soldaten die Heldenorden der Ukraine verleiht und die Soldaten haben hier einen Nierendurchschuss und da einen Arm verloren, dem stehen Tränen in den Augen.“ Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dagegen sei das alles egal. „Der weint nicht wie Selenskyj oder hat Tränen in den Augen. Der opfert seine jungen Soldaten zu Hunderttausenden, und zwar ohne mit der Wimper zu zucken.“ 

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Habeck über seine schwerste Entscheidung: „Das hat einen Schaden gehabt für die Partei“ 

Habeck gibt zu, mit seiner frühen Forderung nach Waffenlieferungen seiner Partei kurz vor der Bundestagswahl 2021 geschadet zu haben. Er habe den Wahlkampf der damaligen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock „ohne Frage gestört an der Stelle“. Das sei ihm bewusst gewesen. „Deswegen war das die schwerste Entscheidung. Also ich wollte meiner Partei und auch Annalena überhaupt nicht schaden, wirklich nicht. Aber es war ein Moment, wo ich mich einfach verraten oder verleugnet hätte, wenn ich nicht wenigstens das gesagt hätte.“ Damit habe er seine politische Identität über die Raison der Partei gestellt. „Aber das hat natürlich einen Schaden gehabt für die Partei.“

Robert Habeck sagte im Podcast, er und Kanzler Olaf Scholz (SPD) sähen gleichermaßen die Gefahr einer Ausweitung des Krieges, sollte die Ukraine verlieren. Sie kämen allerdings zu anderen Schlüssen: „Wir haben da wirklich viel und immer wieder drüber geredet. Ich habe seine Motive mehrfach gehört und auch verstanden“, sagte er. „Ihn treibt die Sorge natürlich wie uns alle um, dass dieser Krieg eskaliert. Und er kommt dann zu anderen Abwägungsentscheidungen, als ich sie treffen würde.“ Auf die Nachfrage, ob die Angst vor Putin Scholz zurückhalte, entgegnete der Wirtschaftsminister: „Fragen Sie Olaf Scholz.“ 

Den Podcast „Meine schwerste Entscheidung“ können Sie hier hören und auf allen gängigen Streaming-Plattformen. Neue Folgen erscheinen ab sofort jeden 2. Donnerstag.