Brüssel. .
Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert eine gemeinsame Wirtschaftspolitik für die Eurozone. Dies sei genau so wichtig wie solides Haushalten, sagte Merkel. Zuvor hatte sich schon Finanzminister Schäuble zu mehr Vergemeinschaftung bekannt.
Nach der Einigung des EU-Gipfels auf einen permanenten Rettungsschirm will Bundeskanzlerin Angela Merkel nun die politische Integration des Euroraums vorantreiben. „Wir brauchen mehr Gemeinsamkeiten in unseren Wirtschaftspolitiken“, sagte Merkel am Freitag zum Auftakt des zweiten Gipfeltages in Brüssel. Es sei wichtig, dass wir „nicht nur gemeinsam stabile Haushalte haben. Es ist genau so wichtig, dass wir auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik entwickeln; Schritt für Schritt, das ist ein langer Prozess.“
Am Donnerstagabend hatten sich die 27 Staats- und Regierungschefs bereits auf einen Krisenmechanismus für die Zeit ab 2013 geeinigt, wenn die befristeten Rettungsschirme auslaufen. Auch die dafür notwendige begrenzte Verfassungsänderung wurde beschlossen. Dies seien „bedeutende Entscheidungen“ für die Stabilisierung der Eurozone, sagte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso am Freitag.
„Natürlich muss es ausreichen“
Mit welchem Volumen das permanente Sicherheitsnetz ausgestattet wird, soll erst in den kommenden Monaten ausgehandelt werden. „Natürlich muss es ausreichen“, sagte Merkel dazu. Die Euro-Regierungen hätten auch mit Blick auf den befristeten Rettungsschirm stets klar gemacht: „Wir tun alles, was den Euro sicher macht.“ In einer gemeinsamen Erklärung sollte am Freitag abermals bestätigt werden, dass für den momentanen Euro-Fonds alle notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt würden.
Die Notwendigkeit, die Wirtschaftspolitik der 16 Eurostaaten stärker zu integrieren, habe sich in den Diskussionen am Donnerstagabend gezeigt, sagte die Kanzlerin. Dass die Währungsunion bislang nicht an eine politische Union gekoppelt ist, gilt als Geburtsfehler der Euro-Einführung und Mitursache der Schuldenkrise. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte sich vor wenigen Tagen in Brüssel zu mehr Vergemeinschaftung bekannt, die Kanzlerin folgte ihm nun. Sollte die wirtschaftspolitische Integrierung tatsächlich nachgeholt werden, könnte auch Deutschland seine Sozial- oder Steuerpolitik im Dienste des Euros anpassen müssen.
Euro-Bonds „nicht abschließend behandelt“
Den Streit um die vom luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker geforderten gemeinsamen Euro-Anleihen hat die Kanzlerin gewonnen. Aus Ihrer Sicht würde dies die notwendigen Reformen eher verhindern als beschleunigen. Das Thema sei angesprochen, „aber wegen des bekannten Widerstands nicht abschließend behandelt“ worden, sagte Juncker am Freitag, und räumte ein: „Ich gehe nicht davon aus, dass dies innerhalb kürzester Zeit wieder auf den Tisch des Hauses kommt.“
Dass die Schuldenkrise trotz des beschlossenen permanenten Rettungsschirms noch lange nicht überstanden ist, zeigte sich am Freitag in Irland: Die Ratingagentur Moody“s senkte die Kreditwürdigkeit des Landes gleich um fünf Stufen herab. Moody“s Bonitätsnote für Irland liegt damit nur noch um zwei Stufen über sogenannten Schrott-Anleihen. Der Schritt wurde mit weiteren Risiken im Bankensystem sowie einer erhöhten Unsicherheit über die Wirtschaftsaussichten begründet. Dublin hatte sich vor drei Wochen unter den Euro-Rettungsschirm geflüchtet. Im Gegenzug für ein Hilfspaket von 85 Milliarden Euro musste die Regierung ein 15 Milliarden Euro schweres Sparprogramm auflegen. (dapd)