Berlin. Der umstrittene SPD-Politiker Jörg Tauss ist empört über das Gesetz zur Sperrung von Kinderpornografie-Seiten. Laut einem Medienbericht denkt er über Parteiaustritt nach. Sein neuer Hafen könnte die Piratenpartei sein. Tauss steht im Verdacht, Kinderpornografie privat genutzt haben.
Der unter Kinderpornografieverdacht stehende SPD-Politiker Jörg Tauss denkt über eine Rückgabe seines Parteibuchs nach. Hintergrund sei das vom Bundestag verabschiedete umstrittene Gesetz zur Sperrung von Kinderpornografie im Internet, sagte er am Freitag dem Onlineportal der «Bild»-Zeitung. «Gestern Abend war ein schwarzer Tag für die Demokratie. Ich bin schwer enttäuscht von meiner eigenen Partei», wird der Bundestagsabgeordnete weiter zitiert. Aus der Piratenpartei gebe es immer mehr Aufforderungen, dass er mitmachen solle. «Ich überlege jetzt, noch in dieser Legislaturperiode zur Piratenpartei zu wechseln», sagte Tauss.
Er hatte sich bis zuletzt gegen die Internet-Sperre gewehrt. Definitiv zu seiner politischen Zukunft äußern wolle er sich am (morgigen) Samstag. «Ich muss jetzt noch eine Nacht darüber schlafen, auch mit meiner Frau reden. Fest steht aber schon jetzt, dass ich die Partei unterstützen werde», wurde er weiter zitiert. Die Piratenpartei kämpft vorwiegend für die Freiheit des Internets.
Wegen des Kinderpornografieverdachts hatte der SPD-Politiker auf eine erneute Kandidatur für den Bundestag verzichtete. Er sitzt seit 1994 für den Wahlkreis Karlsruhe-Land im Parlament und war auf der Landesliste für die Bundestagswahl am 27. September vor seinem Verzicht bereits auf Platz sieben gesetzt, womit sein Wiedereinzug in das Parlament als sicher gegolten hatte. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe führt gegen den Bundestagsabgeordneten ein Ermittlungsverfahren wegen Besitzes, Erwerbs und Verbreitung von Kinderpornografie. Bei einer Durchsuchung in seiner Berliner Privatwohnung wurde entsprechendes Material sichergestellt.
Der ehemalige medienpolitische Sprecher der SPD gab an, er sei bei Recherchen als Abgeordneter auf das Material gestoßen. Sein Ziel sei es gewesen, einen Kinderpornoring zu sprengen. Er sei davon ausgegangen, dass er als Bundestagsabgeordneter unter die gesetzliche Ausnahmeregelung falle, wonach Recherchen zu dienstlichen Zwecken nicht strafbar seien.
Die Staatsanwaltschaft bestreitet dagegen, dass das beschlagnahmte Material in Zusammenhang mit der Abgeordnetentätigkeit stehe. Nach Beginn der Ermittlungen hatte Tauss seine Ämter in der Fraktion sowie als Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg niedergelegt. Am Freitag war Tauss zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. (ap)