Jerusalem. Israels Premierminister Netanjahu löst das Kriegskabinett auf und ist empört wegen Waffenruhe. Was sind die wahren Gründe dahinter?
Es klingt nach einem Paukenschlag: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat am Montag das Kriegskabinett aufgelöst. Das Gremium, das im kleinsten Kreis und unter strenger Vertraulichkeit die wichtigsten Entscheidungen in diesem Krieg getroffen hat, existiert nicht mehr.
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Was nach Drama klingt, ist nur ein weiterer taktischer Kniff Netanjahus: Zeitgleich mit der Auflösung des Kabinetts hat der Regierungschef nämlich angekündigt, auch weiterhin die wichtigsten Schritte im kleinen Rahmen besprechen und auch dort entscheiden zu wollen. Es heißt nun bloß nicht mehr Kriegskabinett.
Netanjahu hatte zwei Möglichkeiten
Warum also die kosmetischen Spielereien? Es geht darum, den rechtsextremen Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir aus den zentralen Entscheidungen auszuklammern. Ben Gvir hatte lautstark auf einen Sitz im Kriegskabinett gepocht, nachdem der moderate Benny Gantz aus ihm ausgeschieden war. Netanjahu blieben also nur zwei Möglichkeiten: Ben Gvir in die Entscheidungen mit einzubeziehen – und sich damit jede Menge Konflikte mit Washington einzuhandeln. Oder aber das Gremium aufzulösen, um Ben Gvirs Forderungen die Grundlage zu entziehen. Netanjahu entschied sich für Zweiteres.
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In Zukunft wird der Ministerpräsident die Front-Agenden mit Verteidigungsminister Joav Gallant, Strategieminister Ron Dermer, dem Beauftragten für Nationale Sicherheit Tzachi Hanegbi und dem ultraorthodoxen Parteiführer Arye Deri besprechen.
Wer wo mitbestimmen darf und wer wie viel Einblick in sensible Entscheidungen erhält, ist in Kriegszeiten noch relevanter als sonst. Selten wurde das so offensichtlich wie zu Wochenbeginn in Israel. Internationale Medien hatten berichtet, dass das israelische Militär ab sofort taktische Pausen in den Kampfhandlungen im Süden Gazas einhält: Ganze elf Stunden pro Tag sollen die Streitkräfte in der Gegend rund um den Grenzübergang Kerem Schalom das Feuer ruhen lassen, um den Fluss humanitärer Hilfe zu garantieren.
Ist das der wahre Grund für Netanjahus Empörung?
Netanjahu gab sich erbost. Er wisse von nichts und sei mit den Waffenpausen keinesfalls einverstanden, erklärte er. Bald enthüllten israelische Medien jedoch, dass die Regierungsspitze sehr wohl in die Entscheidung eingebunden war und die beschränkten Feuerpausen schon vergangene Woche abgesegnet hatte: Die zeitlich begrenzte Waffenruhe sollte der zunehmenden Kritik, dass Israel die humanitäre Hilfe in Gaza behindere, den Wind aus den Segeln nehmen – nicht zuletzt in Anbetracht der drohenden internationalen Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat in diesen Tagen über den Antrag auf solche Haftbefehle zu entscheiden, Israels Regierung versucht in letzter Sekunde, das Schlimmste abzuwenden.
Warum also die plötzliche Empörung Netanjahus? Sie steht wohl in Zusammenhang mit jener Meldung, die am Sonntag alle israelischen Nachrichten dominierte: Die Armee musste bekannt geben, dass acht Soldaten am Samstag bei einem Einsatz in Rafah gefallen waren, zwei weitere Soldaten kamen im Norden des Gazastreifens ums Leben.
Angesichts dieser Todesmeldungen war ein Teilrückzug der Armee aus Gaza nur schwer zu vermitteln – und Netanjahu ging von der eigenen Entscheidung auf Distanz. Am Montag versuchte dann auch Israels Armeesprecher Daniel Hagari zu beruhigen: „Es gibt keine Einstellung der Kämpfe im Süden des Gazastreifens“, sagte er in einer Pressekonferenz. „Die Kämpfe in Rafah halten an.“
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