New York. Das Urteil im Schweigegeld-Prozess ist gefallen. Was das für Donald Trumps Ambitionen auf eine weitere Amtszeit bedeutet.
Ein verurteilter Straftäter als Präsident? Klingt schräg, könnte aber Realität werden. In den Vereinigten Staaten des Jahres 2024 scheint nichts mehr unmöglich. Donald Trump hat schon viele Grenzen des Vorstellbaren überschritten. Nun sichert sich der Republikaner ein neues Alleinstellungsmerkmal: Als erster Ex-Präsident der USA ist der 77-Jährige in einem Strafverfahren schuldig gesprochen worden – wegen der Verschleierung einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin.
Na und? So erstaunlich die historische Verurteilung eines Ex-Präsidenten und aktuellen Präsidentschaftsbewerbers ist, so erstaunlich ist, dass Trump womöglich ohne größeren Schaden davonkommen wird. Und dass er seinen Versuch, wieder ins Weiße Haus einzuziehen, vorerst unbeirrt fortsetzen kann.
Donald Trump schuldig: Was das für die Wahl heißt
Die Verurteilung hält Trump rechtlich nicht davon ab, wie geplant bei der Präsidentenwahl im November anzutreten. Die Verfassung schreibt nur drei Anforderungen vor: Anwärter müssen qua Geburt US-Bürger sein, mindestens 35 Jahre alt und seit mindestens 14 Jahren in den USA leben. Andere Vorgaben gibt es nicht. Trump könnte sich selbst dann zur Wahl stellen, wenn er in Haft säße. Ein solches Beispiel aus der US-Geschichte gibt es sogar: Der Sozialist Eugene Debs bestritt die Präsidentschaftswahl 1920 aus dem Gefängnis, wenn auch erfolglos.
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Dass Trump am Ende tatsächlich ins Gefängnis kommen könnte, halten Experten trotz des Schuldspruchs aber ohnehin für eher unwahrscheinlich. Vor allem aber wird er Berufung gegen das Urteil einlegen, und das Prozedere dürfte sich über Monate hinziehen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass bis zum Wahltermin am 5. November überhaupt ein rechtskräftiges und damit finales Urteil vorliegt. Es könnte zwar zu der bizarren Situation kommen, dass der Bewerber für das höchste Amt im Staat mitten im Wahlkampf Bewährungsauflagen einhalten muss, sich nur begrenzt bewegen darf oder womöglich Sozialstunden ableisten muss. Ansonsten steht ihm der Schuldspruch aber rein technisch bei der Wahl nicht im Weg.
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Die Wähler
Ob ihm das Urteil trotzdem bei der Abstimmung schaden könnte, weil er in der Gunst der Wähler zurückfällt, ist fraglich. In landesweiten Umfragen liegt Trump seit Wochen ein bis zwei Prozentpunkte vor dem demokratischen Amtsinhaber Joe Biden. Daran hat auch der Prozess in New York nichts geändert, obwohl dieser pikante Details über Trumps Sexleben und dubiose Geschäftspraktiken offenlegte. In einzelnen Umfragen gab ein kleiner Anteil potenzieller Trump-Wähler zuletzt zwar an, dass sie im Fall einer Verurteilung „überdenken“ könnten, ob sie dem Republikaner ihre Stimme geben. Die meisten von ihnen würden nach eigenen Angaben dann aber nicht für Biden stimmen, sondern im Zweifel eher gar nicht wählen. Und Trumps Hardcore-Anhänger stehen ohnehin eisern zu ihm.
Es sind weitaus schlimmere Dinge über Trump bekannt als die Fälschung von Geschäftsunterlagen – ohne dass ihm irgendwas davon politisch etwas anhaben konnte. Der traurige Höhepunkt: Vor den Augen der Welt versuchte Trump nach der Präsidentenwahl 2020, die Niederlage gegen Biden umzukehren, und stachelte seine Anhänger zu einem Angriff auf das Herzstück der US-Demokratie an. Und erst vor ein paar Monaten wurde Trump in einem Zivilprozess zu einer Millionen-Zahlung verurteilt, weil er nach Feststellung des Gerichts eine Frau in den 90er Jahren sexuell missbraucht und später verleumdet hatte.
Nichts davon beendete seine politische Karriere. Im Gegenteil: Trump hat es zur Paradedisziplin gemacht, sich als „Märtyrer“ zu inszenieren, seine Anhänger so zu mobilisieren und seine Spendensammlungen anzutreiben. Sein Narrativ, das politische Establishment versuche ihn mit juristischen Mitteln auszuschalten, verfängt bei vielen Amerikanern. Ein Schuldspruch macht es im Trump-Universum auf abstruse Weise quasi nur noch stärker und befeuert dort eine Jetzt-erst-recht-Mentalität, wie erste Reaktionen von Trump-Anhängern nach dem Schuldspruch zeigen.
Die Partei
Trump hat seine Partei fester im Griff denn je – trotz aller Skandale. Nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 sah es für einen kurzen Moment so aus, als sei Trump politisch für immer erledigt. Damals gingen selbst treue Weggefährten zunächst auf Distanz zu ihm. Doch aus Angst vor der Parteibasis, die dem Republikaner zum Teil blind folgt, kehrte einer nach dem anderen zurück an Trumps Seite. Die gesamte Parteiprominenz unterstützt die Präsidentschaftsbewerbung des 77-Jährigen öffentlich und kritisiert das juristische Vorgehen gegen ihn als politisch motiviert.