Berlin. Der niedersächslische Ministerpräsident setzt für den kommenden Landtagswahlkampf auf die Kanzlerin und ihren Amtsbonus. Über die Wullff-Affäre, sagt er im Interview mit der WAZ-Mediengruppe, sei alles gesagt. Ansonsten setzt McAllister auf Europa und den Euro.

Drei Dinge, das weiß David McAllister (41),  braucht ein Wahlkämpfer: eine Bilanz, eine Vision, ein Team. Was aber, wenn dem CDU-Hoffnungsträger und Regierungschef in Niedersachsen die Themen für die Landtagswahl im Januar nächsten Jahres von außen gesetzt werden: Euro-Krise? Altersarmut? Die FDP? Über die Unwägbarkeiten in der Politik sprachen mit ihm Miguel Sanches und Winfried Dolderer.

Herr McAllister, Ihre Wahl ist auch ein Testlauf für den Bund. Belastet Sie das?

David McAllister: Fühlen Sie meinen Puls. Ich bin vollkommen ruhig.

Die Kanzlerin kommt zehn Mal nach Niedersachsen.

McAllister: Was ein starkes Signal ist.

Wie groß ist der Merkel-Faktor?

McAllister: Die Menschen vertrauen ihr, gerade in der Euro-Krise. Sie ist ein Fels in der Brandung.

Erklärt das, warum Ihre Partei zulegt, aber die FDP kränkelt?

McAllister: Die CDU profitiert vom Kanzlerbonus. Viel Vertrauen genießt auch Finanzminister Wolfgang Schäuble. Das Gespann ist wichtig für uns. Die FDP hat eine schwierige Phase überwunden. Sie sollte sich nunmehr mit den Themen beschäftigen, die ihre Stärken sind. Vor Ihnen sitzt ein Ministerpräsident, der den Liberalen Erfolg wünscht.

Die Wulffs sorgen wieder für Schlagzeilen. Werden Sie von den Bürgern noch auf Christian Wulff angesprochen?

McAllister: Im Sommer wurde ich überwiegend auf zwei Themen angesprochen, und zwar auf die großen E: den Euro und die Energiepreise. Die Menschen interessieren sich nicht dafür, wer wann wie mal eine Fete in Hannover oder Stuttgart gefeiert hat. Die Regierung hat Hunderte Anfragen im Landtag zum Nord-Süd-Dialog und zu anderen Themen beantwortet. Wir leisten jeden denkbaren Beitrag zur Aufklärung der Vorwürfe. Wenn die Opposition sich am früheren Ministerpräsidenten abarbeitet, demonstriert das ihre inhaltliche Armut. Das ist doch absurd.

Reden wir über ein großes E. Gehören Sie zu denen, die Athen den Austritt aus dem Euro nahelegen?

McAllister: Was die Spekulationen um die Zukunft Griechenlands in unserem gemeinsamen Währungsraum angeht, sollten wir den Bericht der Troika über die griechischen Reformbemühungen abwarten. Dieser Bericht wird die Grundlage für die Entscheidung bilden, ob die nächste Kredittranche aus dem zweiten Hilfspaket freigegeben wird oder nicht. Solange der Bericht nicht vorliegt, sollten wir auch nicht über den Verbleib oder den Austritt Griechenlands aus der Eurozone spekulieren.

Aber genau das passiert!

McAllister: Persönlich empfehle ich allen Kollegen in der Politik, sich jedenfalls an solchen Gedankenspielen nicht zu beteiligen. Wir erwarten von den Griechen mit guten Gründen Verlässlichkeit. Also sollten auch wir umgekehrt die griechischen Bemühungen seriös prüfen und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Grundsätzlich sollten wir ein Interesse daran haben, dass die Europäer beieinander bleiben und dass unsere Währung nicht zerfällt. Wir haben mit dem Stabilitätsmechanismus und dem Fiskalpakt viel erreicht. Es ist nicht selbstverständlich, dass andere Staaten eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild einführen. Man sollte anerkennen, dass Staaten wie Irland, wie Italien oder Spanien sich anstrengen und dass es inzwischen in diesen Ländern Anzeichen dafür gibt, dass es aufwärts geht. In Griechenland gibt es nicht ohne Grund Proteste. Die Regierung mutet ihren Bürgern viel zu. Wir sollten unsere Worte in der deutschen Politik so wägen, dass unsere europäischen Partner sich nicht verletzt fühlen. Wir sollten ihnen stets mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen.

Ursula von der Leyen hat ein Thema gesetzt. Ist denn Altersarmut wirklich die größte Sorge?

McAllister: Altersarmut ist aktuell kein drängendes Thema. Und dennoch: Die Menschen machen sich Sorgen über ihre Zukunft im Alter. Sie möchten sichergehen, dass, wer sein Leben lang gearbeitet hat, auch eine Rente erhält, die für einen angemessenen Lebensstandard sorgt. Über dieses Thema werden wir in der Union in Ruhe reden. Und wenn wir eine abgestimmte Linie haben, sprechen wir erst mit unserem Koalitionspartner, der FDP und danach mit der Opposition.

Sind Sie nun für oder gegen die Zuschussrente?

McAllister: Geben Sie uns bitte einige Wochen Zeit. Es gibt nicht immer nur schwarz oder weiß. Wir brauchen für unsere weitere Entscheidungsfindung belastbares Zahlenmaterial. Dann müssen mögliche Lösungsalternativen formuliert werden. Und anschließend geht es um ein sachgerechtes politisches Ergebnis. Wir werden sehen, ob ein Konsens von Regierung und Opposition möglich ist. In dieser wichtigen Frage wäre das geboten.

Das klingt so, als wollten Sie das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten.

McAllister: Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis 67 war ein bedeutsamer Schritt. Da hat man gesehen, wie wichtig es ist, Reformen mit großen Mehrheiten auf den Weg zu bringen. Gerade die Rente eignet sich nicht als Thema für einen polarisierenden Wahlkampf. Sie ist auf Langfristigkeit angelegt.