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Merz, Oettinger, Koch, Steinbach - der Union geht der konservative Flügel verlustig. Das reißt eine Lücke in der Partei und es fehlen die neuen Köpfe, die sie füllen könnten.

Vor zehn Tagen war es noch ein Scherz. „Ich hoffe“, frozzelte da die Kanzlerin beim Ausstand von Hessens Ministerpräsident Roland Koch, „dass er mir auch aus der Ferne weiter Ratschläge gibt.“ In wenigen Wochen wird aus dem Spaß Ernst.

Anfang Oktober bringt Christdemokrat Koch, der sich in seiner aktiven Politiker-zeit gern gegen Merkel positionierte, sein neues Buch auf den Markt. Der Titel ist knapp: „Konservativ.“ Der Verlag kündigt das 220-Seiten-Werk als „Ab­schiedsgeschenk und politisches Manifest zugleich“ an. Es soll um „Werte und Prinzipien“ gehen. In den Ohren der CDU-Vorsitzenden Merkel dürfte das wie eine Drohung klingen.

Keine konservativen Köpfe in Sicht

Roland Koch galt als letzter ex­ponierter Vertreter des konservativen Flügels der CDU. Nach dem Ausscheiden von Friedrich Merz und Günther Oettinger aus dem bundespolitischen Geschäft wechselt Koch nun als letzte Galionsfigur der Konservativen der Partei in die Wirtschaft. Aktuell zieht sich Vertriebenen-Chefin Erika Steinbach nach ihren um­strittenen Äußerungen zum Beginn des 2. Weltkriegs aus der CDU-Spitze zurück.

„Die alte Garde verabschiedet sich aus der Verantwortung, weitaus pragmatischer agierende, aber eben auch weniger konservative Figuren drängen an die Macht“, konstatiert der Bonner Politikwissenschaftler Gerd Langguth. In Niedersachsen und Baden-Württemberg führen mit Da­vid McAllister und Stefan Mappus zwei Neulinge die Landesverbände. McAllister aber ist über Hannover hinaus wenig profiliert, Mappus gilt zwar als konservativer Hoffnungsträger, muss aber erst die Landtagswahlen im nächsten Frühjahr überstehen.

Auch in NRW, dem größten Landesverband der CDU, ist kein neuer konservativer Kopf in Sicht. Armin Laschet und Norbert Röttgen, die Konkurrenten im Kampf um den Parteivorsitz, sind beide Vertreter einer modernen, großstädtischen CDU, denen die Grünen näher sind als der national-konservative Flügel der Union.

Klar ist: Unter Angela Merkel ist die CDU weiter nach links gerückt. Die „Sozialdemokratisierung der CDU“ ist inzwischen ein geflügeltes Wort. Längst nicht jedem an der Basis gefällt das. Die Vertreter des Wirtschaftsflügels hocken schon lange im Schmollwinkel, die katholische Fraktion in der Union hat nicht vergessen, dass Merkel den Papst für seinen Umgang mit den Pius-Brüdern kritisierte; und die National-Konservativen wenden sich ebenfalls zunehmend von der Parteichefin ab – siehe Erika Steinbach.

Auch der Fall des SPD-Mannes Thilo Sarrazin hat in der CDU Spuren hinterlassen. Viele in der Partei verstehen nicht, dass Merkel Sarrazins Thesen zur Integration scharf kritisierte. Viele Abgeordnete erhalten stapelweise Briefe von Bürgern, die deutlich Sympathien für Sarrazin zeigen. „Solange wir Volkes Stimme überhören“, raunt ein Vorständler der NRW-CDU, „kommen wir auf keinen grünen Zweig.“