Berlin. CSU-Chef Söder und der CDU-Vorsitzende Laschet ringen um die Kanzlerkandidatur. Edmund Stoiber mahnt nun eine rasche Entscheidung an.
Von österlicher Besinnlichkeit war bei der Union nichts zu spüren. Stattdessen spitzte sich der Machtkampf um die Frage der Kanzlerkandidatur über die Feiertage zu. Den Anfang machte CSU-Chef Markus Söder am Ostersonntag: In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ forderte er, die Entscheidung eng mit der Kanzlerin abzustimmen. „Ein Unionskandidat kann ohne Unterstützung von Angela Merkel kaum erfolgreich sein“, sagte Söder.
Das ist bemerkenswert. Denn im bayerischen Landtagswahlkampf 2018 hatte Söder noch demonstrativ auf die Kanzlerin verzichtet, stattdessen Österreichs Kanzler Sebastian Kurz zur Abschlusskundgebung eingeladen. Aber Söder weiß, dass er bei der Corona-Politik derzeit bei der Kanzlerin höher im Kurs steht als sein Rivale Armin Laschet.
Der CDU-Chef versuchte am Ostermontag, wieder Boden gutzumachen. Bei einem Besuch in einem Aachener Impfzentrum sprach er sich für einen harten „Brücken-Lockdown“ aus.
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Doch richtig erfolgreich war Laschets Operation nicht. In den sozialen Netzwerken reißt der Strom der hämischen Kommentare über seine vermeintliche Unfähigkeit nicht mehr ab. Auch in den Umfragen kommt er aus dem Meinungstief nicht heraus.
Angesichts der ungeklärten Führungsfrage wächst die Nervosität in der Union. Viele Abgeordnete fürchten angesichts der schlechten Umfragewerte – von Laschet, aber auch der Union – um die eigene politische Zukunft. Alle warten auf ein klares Signal von Markus Söder, ob er wirklich antreten will oder ob es nur darum geht, den Preis der CSU für die Regierungsbildung in die Höhe zu treiben.
Union: Ruf nach Kandidatenkür durch die Fraktion
„Wenn das die beiden allein nicht entscheiden können, muss die Fraktion eine entscheidende Rolle spielen“, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul unserer Redaktion.
Er ist nicht allein mit der Forderung nach einem Mitspracherecht, die auch historisch ein Vorbild hat: 1979 hatte die Bundestagsfraktion CSU-Chef Franz Josef Strauß statt den von Helmut Kohl favorisierten niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht zum Kanzlerkandidaten der Union gewählt.
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Das aber will Laschet auf keinen Fall. Es obliege den Parteichefs von CDU und CSU, den Präsidien einen Vorschlag zu machen, sagte er am Dienstag im ZDF. Bis Pfingsten spätestens soll der Machtkampf entschieden sein. Mit Spannung blicken alle auf Sonntag. Dann kommt die Unionsfraktionsspitze zu einer Klausur zusammen. Ebenfalls dabei: Söder, Laschet und Merkel.
Edmund Stoiber: „Absolute Geschlossenheit ist wichtig“
„Das Machtvakuum in der Union trägt dazu bei, dass das Land immer tiefer in die dritte Corona-Welle gerät“, kritisierte derweil Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch im Gespräch mit unserer Redaktion: „Nicht einmal die Ministerpräsidenten der Union wissen, wohin die Laschet-Brücke führen soll.“
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Mahnende Worte kommen vom CSU-Ehrenvorsitzenden und früheren Parteichef Edmund Stoiber. „Entscheidend für einen Erfolg ist aus meinen persönlichen Erfahrungen aus den vergangenen Wahlkämpfen, in denen die Unionsparteien gemeinsam einen neuen Kandidaten aufgestellt haben, die absolute Geschlossenheit von CDU und CSU im Wahlkampf, an der Spitze wie an der Basis“, sagte er unserer Redaktion: „Beide Parteivorsitzenden müssen überzeugend darstellen, dass sie eng zusammenstehen für das große Ziel. Eine rasche Entscheidung würde dem guttun.“ Stoiber hatte sich 2002 als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel durchgesetzt.