Berlin/Düsseldorf. Die fragwürdigen Schutzkleidungsdeals zweier Unionspolitiker sind für den neuen CDU-Chef Armin Laschet die erste große Bewährungsprobe.
Armin Laschet klang ungewohnt sakral. Der CDU-Chef ließ sich am Montagabend aus dem hallenden Foyer des historischen Aachener WDR-Studios in die ARD-„Tagesthemen“ schalten, was ihm unfreiwillig eine kirchliche Aura verlieh.
Doch Laschet predigte eher genervt in eigener Sache: „Ich darf mal daran erinnern, dass ich 40 Tage im Amt bin und jetzt aufräume“, sagte er gereizt. Lesen Sie hier: Corona: Was die Maskenaffäre für die Union bedeutet
CDU-Chef Laschet: Rheinische Fröhlichkeit ist verflogen
Die Masken-Affäre in der CDU-Bundestagsfraktion, das schlechte Corona-Krisenmanagement von Bund und Ländern, der Umfrageabsturz der Union, die schwelende K-Frage, die mauen Persönlichkeitswerte – all das setzt Laschet erkennbar zu.
Die rheinische Fröhlichkeit ist verflogen. Er wirkt zunehmend genervt von der täglichen Terminhatz zwischen Regierungs-Klein-Klein in Düsseldorf und der Erwartung an große Linien in Berlin. Die Schlagzahl der Digitalkonferenzen in Corona-Zeiten lässt oft nicht mal mehr Zeit für die geliebte Zigarillo-Pause.
Kommentar: Masken-Affäre in der Union: Spendet das Geld, Amigos!
Laschet äußerte sich erst spät zur Masken-Affäre
Erst am Sonntagnachmittag, sogar noch wenige Stunden nach seiner gescheiterten Amtsvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer und CSU-Chef Markus Söder, meldete sich der neue CDU-Vorsitzende im Skandal um Politikerprovisionen bei der Beschaffung von Corona-Schutzausrüstung erstmals öffentlich zu Wort.
Möglicherweise hatte Laschet gehofft, es bei einer kritischen Einlassung von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak belassen zu können.
Aufräumer-Rolle liegt Armin Laschet nicht
Die Rolle des entschlossenen Aufräumers liegt dem CDU-Chef erkennbar nicht. In den sozialen Netzwerken wird bissig darauf hingewiesen, dass Laschet selbst in eine Masken-Affäre verstrickt sei. In der ersten Phase der Pandemie hatte sich der NRW-Ministerpräsident dazu hinreißen lassen, persönlich den Chef des Mönchengladbacher Hemdenherstellers van Laack anzurufen.
Den Kontakt hatte sein ältester Sohn Johannes hergestellt, der als Model seit Jahren mit van Laack geschäftlich verbandelt ist. Obwohl die Mönchengladbacher bis dahin nicht im Medizinsektor tätig waren, gab das Land ohne Ausschreibung Schutzkittel für über 40 Millionen Euro in Auftrag. Auch interessant: Maskenaffäre: Abgeordneter Nüßlein tritt aus CSU aus
Einzige Schwäche: glitzernde Manschettenknöpfe
Es wäre zwar unredlich, Laschet in einen Topf mit Abgeordneten zu werfen, die sich in der Krise persönlich bereichert haben. Dem Reihenhausbewohner und Kleinwagenbesitzer aus Aachen lässt sich schwerlich ein erotisches Verhältnis zum Geld nachsagen.
Einzige Schwäche: glitzernde Manschettenknöpfe zu jedem Anlass. Doch die Trennschärfe zwischen Regierungspragmatismus und Klüngelwirtschaft scheint bei ihm nicht immer gegeben. Laschet ist eben Kind des rheinischen „Mer kenne us, mer helfe us“.
Zu Hause rebellierten die Kommunalpolitiker
Zudem rumort es inzwischen auch an der Basis der NRW-CDU. Als Laschet Ende Januar in Berlin von einem „gelungenen Start“ der Impfaktion bei den über 80-Jährigen sprach, rebellierten zu Hause die Kommunalpolitiker. Er habe weinende Senioren in der Hotline, die keinen Termin bekämen, tobte der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU). Mehr zum Thema: Neuer CDU-Chef: Armin Laschet und die Kanzlerfrage
Doch die NRW-CDU dürfte noch Laschets geringste Sorge sein. Mit Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg stehen am Sonntag zwei Landtagswahlen bevor, die nichts Gutes für die CDU verheißen. Im einstigen CDU-Stammland Baden-Württemberg droht den Christdemokraten die schlimmste Niederlage ihrer Geschichte.
Die dortige Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann hat bereits klargemacht, dass sie nicht allein die Verantwortung für eine Niederlage übernehmen wird. Als der „Spiegel“ sie vor wenigen Tagen fragte, ob Laschet auch ein geeigneter Kanzlerkandidat sei, antwortete sie: „Wir müssen abwarten.“
Beginn des Abstiegs von AKK als CDU-Chefin
Laschet muss jetzt schnell beweisen, dass er durchgreifen kann. Sonst könnte sich die Masken-Affäre zu einer Art Rezo-Moment für ihn entwickeln: Der Youtuber Rezo hatte im Mai 2019 ein Video mit dem Titel „Zerstörung der CDU“ hochgeladen, in dem er massiv die CDU attackierte. Die damalige Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer reagierte spät und ungeschickt – es war der Beginn ihres Abstiegs als CDU-Chefin.
In einer aktuellen Umfrage, die das Umfrageinstitut Insa für die „Bild“ erstellte, ist die Union im Vergleich zur Vorwoche um 2,5 Prozentpunkte abgerutscht. Im politischen Berlin rechnen viele noch mit weiteren Enthüllungen in den nächsten Tagen. Lesen Sie hier: Armin Laschet: „Steuer-Erhöhungen sind der falsche Weg“
Laschets Autorität wird sich zeigen
Auch darin wird sich Laschets Autorität zeigen: Er hatte in den „Tagesthemen“ aufgerufen, dass sich all jene schnell bei ihm persönlich melden sollten, die selbst in „fragwürdige Geschäfte“ verwickelt seien, bevor dies öffentlich werde: „Damit die Konsequenzen gezogen werden können.“
Die Opposition erhöht den Druck. „Armin Laschet hat vollmundig angekündigt, den Sumpf in der Union auszutrocknen“, sagte der Chef der Linken-Fraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, unserer Redaktion: „Ich erwarte jetzt Taten, und zwar vor den Landtagswahlen.“ Laschet müsse jetzt „Ross und Reiter benennen“, sonst werde die Affäre an ihm kleben bleiben.