Duisburg. .

Der Fall zeigt die Dringlichkeit: In Duisburg hat ein Ex-Sicherungsverwahrter ein Mädchen attackiert. Um solche Übergiffe zu verhindern, plant NRW schnell eine geschlossene Einrichtung für gefährliche Sextäter – und den verstärkte Einsatz der Fußfessel.

Nach dem Angriff eines entlassenen Sexualstraftäters auf ein Mädchen in Duisburg hat sich NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) für einen verstärkten Einsatz von elektronischen Fußfesseln ausgesprochen. „Die elektronische Fußfessel wird aus meiner Sicht bei der Beobachtung und Überwachung von rückfallgefährdeten Gewalt- und Sexualtätern ein immer wichtigerer Baustein. Ich würde es begrüßen, wenn sie künftig im Umgang mit ehemaligen Häftlingen, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen, angeordnet werden könnte“, sagte Kutschaty der WAZ-Mediengruppe.

Kutschaty kündigte an, das psychologische Gutachten, das dem Duisburger Straftäter keine anhaltende Gefährlichkeit bescheinigt hatte, „noch einmal kritisch zu hinterfragen“. Die Qualität der Gutachter sei „von entscheidender Bedeutung“, mahnte der Justizminister.

NRW-Innenminister drängt Bund

Ralf Jäger (SPD). Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool
Ralf Jäger (SPD). Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

NRW-Minister Jäger kündigte zudem an, „zeitnah“ eine geschlossene Therapie-Einrichtung für bis zu 20 rückfallgefährdete Täter schaffen. „Nur eine geschlossene Einrichtung schafft Sicherheit“, sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) in Düsseldorf.

Er fordert eine schnelle gesetzliche Grundlage des Bundes, um die Auflagen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu erfüllen. Die Brüsseler Richter hatten die deutsche Praxis für unzulässig erklärt, nachträglich eine Sicherungsverwahrung über die bislang geltende 10-Jahres-Frist hinaus zu verhängen. Deshalb sind in diesem Jahr bereits 15 Gewalt- und Sexualtäter in NRW auf freien Fuß gesetzt worden. Jäger erwartet, dass in den nächsten Monaten 15 bis 20 Betroffene freigelassen werden müssen.

Nach der öffentlichen Kritik an der unzureichenden Observation des 47-jährigen Sextäters K. in Duisburg forderte Jäger einen Bericht des Polizeipräsidiums an. „Auch eine Rund-um-Observierung kann nicht die Sicherheit bieten wie eine geschlossene Therapieeinrichtung“, erklärte der Minister. Zudem hält Jäger Langzeitgutachten in Therapie-Einrichtungen für sicherer als eine punktuelle Begutachtung. Ein psychologisches Gutachten hatte irrtümlich festgestellt, dass von Ricardo K. keine „hochgradrige Gefahr für die Begehung schwerster Gewalt- und Sexualdelikte“ ausgeht. Darauf hat die Justizvollzugsanstalt Werl K. am 18. November auf Anordnung des OLG Hamm auf freien Fuß gesetzt.

Observation offenbar gelockert

Weil K. seinen Bewährungsauflagen nachkam, wurde die Observation offenbar gelockert. Jäger verwies in diesem Zusammenhang auf die schwierige juristische Lage bei Freigelassenen. „Rechtlich war er ein freier Mann. Wir bewegen uns bei Observationen rechtlich auf dünnem Eis.“ Die Polizei könne nicht lückenlos observieren, sagte Jäger.

Insgesamt stehen nach Auskunft des NRW-Justizministeriums bis 2019 weitere 55 sicherheitsverwahrte Schwerverbrecher in NRW vor der Entlassung. In NRW werden Sicherheitsverwahrte in Werl und Aachen untergebracht. `Eine neue Therapieeinrichtung kann ein Neubau, ein Anbau oder eine eigene Abteilung an einer Forensik sein“, betonte Jäger. Der Minister sieht akuten Handlungsbedarf: „Es ist nicht zu akzeptieren, dass sich rückfallgefährdete Sextäter auf der Straße bewegen.“