Berlin/Duisburg. .
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland ist in Sorge: Die aktuellen Terrorwarnungen säten ein Klima der Angst unter den Muslimen. NRW-Innenminister Ralf Jäger warnt vor Ausgrenzung und wirft Rechtsextremen menschenfeindliche Propaganda vor.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) wirft rechtsextremen Parteien menschenfeindliche Propaganda gegen Muslime vor. Auf einer Verfassungsschutztagung in Duisburg sagte Jäger am Dienstag: „Rechtsextremisten nutzen islamfeindliche Propaganda gezielt als Türöffner, um ihre verfassungsfeindliche Ideologie zu transportieren. Parteien wie die NPD und Pro NRW setzen darauf, Vorurteile gegen Musliminnen und Muslime zu schüren. Damit wollen sie ihre fremdenfeindlichen oder rassistischen Botschaften in der Gesellschaft verbreiten“.
Angesichts der aktuellen Terrorbedrohungen warnte Jäger davor, alle Muslime unter Generalverdacht zu stellen. „Die weit überwiegende Mehrheit der muslimischen Mitbürger in Nordrhein-Westfalen ist friedlich und lehnt Gewalt ab. Der verhältnismäßig kleinen Gruppe derjenigen, die ihre Religion als Vorwand für Terrorismus missbrauchen, werden wir entschieden entgegentreten, damit die Menschen in NRW weiter friedlich und frei zusammenleben können.“
Muslime fordern „deutliche Signale“
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, verzeichnet angesichts der Terrordiskussion in Deutschland ein wachsendes Klima der Angst innerhalb der muslimischen Gemeinde. „Gerade in einer Zeit, in der Muslime vermehrt Übergriffen ausgesetzt und verängstigt sind, brauchen sie deutliche Signale, dass sie zur deutschen Gesellschaft dazugehören, nötiger denn je. Wenn wir das nicht tun, spielen wir den Terroristen in die Hände“, sagte Mazyek der „Financial Times Deutschland“.
Sein Verband verzeichne in jüngster Zeit eine Zunahme von „Hass-Mails“, Übergriffen auf Muslime und Anschlägen auf Moscheen. Der Zentralrat steht nach eigenen Angaben stellvertretend für 19 muslimische Organisationen. Mazyek forderte deutsche Politiker zu einer deutlichen Rückendeckung für Muslime auf. Zugleich äußerte er Befürchtungen vor einem voreiligen Verdacht gegen Menschen muslimischen Glaubens, weil die Trennschärfe zwischen Islam, Terror und Muslimen zunehmend schwinde.
Bundeswehreinsatz im Inneren gefordert
Unterdessen geht in Deutschland die politische Diskussion um die innere Sicherheit weiter. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert, neben der Polizei auch die Bundeswehr zum Schutz der Bevölkerung im Inland einzusetzen. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte BDK-Vorsitzender Klaus Jansen: „Wir müssen davon ausgehen, dass der polizeiliche Ausnahmezustand durch die akute Terrorgefahr bis weit in das nächste Jahr dauern wird.“ Das sei mit dem vorhandenen Personal aber nicht durchzuhalten. Jansen schlug vor, „insbesondere auf die Feldjäger der Streitkräfte zurückzugreifen, weil diese auch polizeilich geschult sind.“ Auch der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) tritt für eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz der Bundeswehr im Innern ein.
Reform des Sicherheitsapparates
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lässt derweil eine neue Sicherheitsarchitektur erarbeiten. Im Dezember sollen die Ergebnisse einer Expertenkommission vorgestellt werden, die Vorschläge für eine neue Sicherheitsarchitektur machen wird. Nach Informationen der Tageszeitung „Die Welt“ werden von der Kommission unter Leitung von Ex-Verfassungsschutzpräsident Eckart Werthebach (CDU) drei Konzepte erwogen.
Danach könnte die Bundespolizei um das Bundeskriminalamt (BKA) und um „polizeivollzugliche Aufgaben“ des Zolls erweitert werden. Alternativ soll eine neuartige „Bundeskriminalpolizei“ aus BKA, Teilen der Bundespolizei und des Zolls geschaffen werden. Als dritte Lösung werde die Bildung einer eigenständigen „Bundesfinanzpolizei“ aus operativen Einheiten des Zolls vorgeschlagen. (dapd/afp/WE)